Der schnelle und langfristige Wiederaufbau der Ukraine und der EU-Beitritt des Landes standen im Fokus der diesjährigen Ukraine Recovery Conference, die vom 11. bis 12. Juni 2024 in Berlin stattfand. Deutschland und die Ukraine waren Mitveranstalter, innerhalb der Bundesregierung waren das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Gastgeber. Auf Einladung des Ministeriums und des Auswärtigen Amts stellte auch die IRZ ihre Beratungsvorhaben im Bereich der Rechtsstaatsförderung vor.
Seit vielen Jahren berät die IRZ die Ukraine im Rahmen von verschiedenen Reformvorhaben und begleitet sie derzeit mit vom Deutschen Bundestag bereitgestellten Sondermitteln auf dem Weg in die EU. Als EU-Beitrittskandidat steht das Land vor enormen Herausforderungen: Sicherstellung von Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit, Gewährleistung von funktionierenden öffentlichen Diensteinrichtungen, Harmonisierung des Rechtssystems mit den EU-Normen. Hier unterstützt die IRZ, denn das sind die Themen, die seit über 30 Jahren zu ihrem Beratungs-Portfolio gehören.
Über das Thema „Rechtsstaatlichkeit, Justizreform und die Einrichtung eines internationalen Entschädigungsmechanismus“ diskutierte der Präsident der IRZ, Parlamentarischer Staatssekretär Benjamin Strasser, MdB mit hochrangigen Gästen in einer der Sessions der Konferenz.
Eine Delegation des Verfassungsgerichts der Ukraine unter Leitung seines Amtierenden Vorsitzenden Prof. Dr. Serhiy Holovaty hielt sich auf Einladung der IRZ vom 26. bis 30. November 2023 zu Fachgesprächen beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe und beim Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg auf. Die sechs Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter der Ukraine wurden in Karlsruhe vom Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Stephan Harbarth, LL.M. (Yale), und der Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Prof. Dr. Doris König, sowie zehn weiteren Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts empfangen. Der Amtierende Vorsitzende Prof. Dr. Holovaty berichtete im Rahmen der Fachgespräche über die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts der Ukraine unter den Bedingungen des Krieges. In weiteren Beiträgen von deutscher und ukrainischer Seite wurden grundrechtliche Fragen bei der Bewältigung von Krisen erörtert. Im Anschluss erfolgte ein Empfang im Rathaus durch den Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe, Dr. Frank Mentrup, mit Eintrag ins Goldene Buch. An den zwei folgenden Tagen setze die Delegation ihre Fachgespräche zu verfassungsrechtlichen Fragen beim Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg fort. Zum Auftakt begrüßte der Geschäftsführende Direktor des Instituts, Prof. Dr. Armin von Bogdandy, die Delegation mit einem Vortrag zum transformativen Konstitutionalismus am Beispiel Lateinamerikas, der zum zweiten Thema überleitete, der völkerrechtsfreundlichen Auslegung der Verfassung in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Verfassungsgerichts der Ukraine. Weiterer Gesprächspartner seitens des MPI war Herr Dr. Matthias Hartwig. Zudem waren die Herren Bundesverfassungsrichter a.D. Prof. Dr. Udo Steiner und Prof. Dr. Reinhard Gaier eigens nach Heidelberg gekommen, um den seit vielen Jahren geführten Dialog mit den ukrainischen Kolleginnen und Kollegen fortzusetzen. Weitere Themen der Fachgespräche waren u.a. die Wehrhafte Demokratie sowie z.B. auch das verfassungsrechtliche Konzept Deutschlands für den Verteidigungsfall. Alle Beteiligten des Arbeitsbesuches betonten die Bedeutung dieses verfassungsrechtlichen Dialoges, zumal dieser trotz des gegen die Ukraine geführten russischen Angriffskrieges stattfinden konnte.
Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages und die IRZ veranstalteten am 21. und 22. September 2023 die VI. Konferenz der parlamentarischen Rechtsausschüsse zum Thema „EU-Rechtsharmonisierung in der Ukraine, Moldau und Georgien“. Diese drei Länder stellten kurz nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine einen Antrag auf Beitritt zur Europäischen Union. Am 17. Juni 2022 verfasste die Europäische Kommission ihre Stellungnahmen zu den Anträgen der Ukraine, der Republik Moldau und Georgien und formulierte sog. Opinions mit Empfehlungen für notwendige rechtliche Reformen. Der Ukraine und der Republik Moldau wurde am 23. Juni 2022 der EU-Kandidatenstatus verliehen. Georgien erhielt eine EU-Beitrittsperspektive und ist damit ein sogenannter potentieller Beitrittskandidat.
Aus diesem Anlass hat die IRZ, gemeinsam mit dem Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages, Parlamentarier dieser drei Länder zu einer Konferenz der parlamentarischen Rechtsausschüsse nach Berlin eingeladen, um sich mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages und vielen weiteren Fachexpertinnen und Fachexperten über den Stand der Reformen sowie über die Herausforderungen und Perspektiven ihrer Länder zu diskutieren. Kriegsbedingt konnten die Abgeordneten aus der Ukraine leider nicht an der Veranstaltung teilnehmen.
Die Konferenz wurde von dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesministers der Justiz und Präsidenten der IRZ, Benjamin Strasser MdB, der Vorsitzenden des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages, Elisabeth Winkelmeier-Becker MdB und der Hauptgeschäftsführerin der IRZ, Dr. Frauke Bachler, eröffnet. Im Mittelpunkt standen Themen wie die Rolle des Parlaments bei der Angleichung nationaler Gesetze an EU-Recht und bei der Wahrung einer unabhängigen Justiz, die parlamentarische Kontrolle der Regierung, die Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure in die parlamentarische Arbeit sowie das Thema Korruptionsbekämpfung. Die moldauischen und georgische Abgeordneten berichteten über ihre Erfahrungen und Probleme, die zum Teil aufgrund des sowjetischen Erbes und der aktuellen geopolitischen Lage in beiden Ländern vergleichbar sind. Sie sprachen über einen hybriden Krieg und die Einflussnahme Russlands in ihren Ländern, die die Reformen und somit auch den Annährungsprozess an die EU erheblich erschweren.
Die Wichtigkeit eines solchen Erfahrungsaustauschs und die Notwendigkeit der Fortsetzung der Gespräche wurde sowohl von den Gastgebern als auch von den eingeladenen ausländischen Gästen ausdrücklich betont.