Die IRZ hat die Teilnahme ukrainischer Studierender an den Pre-Moots zum Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot unterstützt. Die Pre-Moots fanden im März 2023 in Berlin (Humboldt Moot Association e.V.) und Hamburg (Bucerius Law School) statt. In Berlin nahmen vier Studierende der Nationalen Taras-Schewtschenko-Universität Kyiv und zwei der Ukrainischen Katholischen Universität Lviv teil, in Hamburg zwei Studierende der Nationalen Ivan-Franko-Universität Lviv. Die Resonanz der Teilnehmenden war sehr positiv. In ihren Dankschreiben betonten sie, wie inspirierend die Teilnahme für sie gewesen sei, die sie als prägenden Moment ihrer zukünftigen juristischen Laufbahn betrachten. Durch diese Erfahrung sei ihnen die Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit vermittelt worden.
Gemäß dem bereits am 23. Juni 2021 in der Ukraine verabschiedeten Aktionsplan zur Umsetzung der Nationalen Strategie im Bereich der Menschenrechte für die Jahre 2021-2023 ist unter anderem auch die Einführung des Instituts der eingetragenen zivilen Lebenspartnerschaft vorgesehen. In der gegenwärtigen Situation bekommt dieses Thema zudem eine besondere Bedeutung und Relevanz, da eine große Anzahl von Vertreterinnen und Vertretern der LGBTQI-Community in den Reihen der Streitkräfte dienen und die Ukraine verteidigen. Ein entsprechender Gesetzentwurf wird daher ausgearbeitet.
Auf Wunsch des Justizministeriums der Ukraine organisierte die IRZ daher am 12. April 2023 ein Online-Fachgespräch zum Thema „Zivile Lebenspartnerschaften“. Als deutscher Experte konnte Herr Ministerialrat a.D. Dr. Thomas Meyer gewonnen werden, der derzeit als langjähriger Referatsleiter im Bundesministerium der Justiz die Ausarbeitung des deutschen Lebenspartnerschaftsgesetz begleitete. In seinem ersten Vortrag ging Herr Dr. Meyer auf die damalige allgemeine gesellschaftliche und politische Situation sowie die Entstehung und Entwicklung des deutschen Lebenspartnerschaftsgesetzes ein. Im zweiten Teil erörterte er die Regelungen des deutschen Lebenspartnerschaftsgesetzes im Einzelnen sowie dessen weitere Überarbeitung bis hin zur Einführung der Ehe für alle im Jahr 2017.
An dem Online-Fachgespräch nahmen Vertreterinnen und Vertreter des Justizministeriums der Ukraine, darunter der Stellvertretende Justizminister der Ukraine Dr. Oleksandr Banchuk und die Stellvertretende Justizministerin der Ukraine für europäische Integration, Valeriia Kolomiiets, sowie auch Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft teil (Wohltätigkeitsorganisation „100 Prozent Leben“ und Nationales LGBTI-Konsortium #LGBTI_PRO).
Hinsichtlich der geplanten Einführung eines Gesetzes über „Zivile Lebenspartnerschaften“ berief man sich in den ukrainischen Beiträgen zum Fachgespräch auf das Diskriminierungsverbot in Art. 24 der Verfassung der Ukraine und Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Die ukrainischen Partner betonten, dass es nicht um eine gleichgeschlechtliche Ehe, sondern zunächst nur um eine eingetragene Lebenspartnerschaft gehe. Denn erstens sei die Ehe in der Verfassung der Ukraine und im Familiengesetzbuch als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau festgelegt – und eine Änderung der Verfassung sei während der Geltung des Kriegsrechts verboten – und zweitens müsse man, so positiv die Ergebnisse von Meinungsumfragen über das Recht auf eine eingetragene Lebenspartnerschaft in letzter Zeit auch waren, eingestehen, dass diese Veränderung für einen großen Teil der ukrainischen Gesellschaft ziemlich revolutionär sei.
Diese Entwicklung gilt übrigens nicht nur für die Ukraine. Viele europäische Länder, darunter auch Deutschland, haben zunächst das Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaft eingeführt und erst im Laufe der Jahre homo- und heterosexuelle Paare vollständig gleichgestellt, wobei es in einigen Ländern immer noch nur das Institut der Lebenspartnerschaft gibt.
In der letzten Märzwoche hielt sich eine Delegation der Generalstaatsanwaltschaft und des Justizministeriums der Ukraine zu einem Arbeitsbesuch zum Völkerstrafrecht in Berlin auf. Die Idee zu diesem Arbeitsbesuch geht zurück auf eine Begegnung des Generalstaatsanwalts der Ukraine, Andriy Kostin, mit Generalbundesanwalt Dr. Peter Frank am Rande des G 7-Justizminister-Treffens im Herbst 2022 in Berlin.
Der ukrainischen Bitte, sich zu Ermittlungsmethoden hinsichtlich Völkerstrafrecht und Kriegsverbrechen fachlich auszutauschen, sind die Bundesanwaltschaft und das Bundesministerium der Justiz gerne nachgekommen. So konnten sich auf Einladung der IRZ, die diesen Arbeitsaufenthalt organisatorisch betreute, Vertreterinnen und Vertreter der Generalstaatsanwaltschaft und des Justizministeriums der Ukraine zu dreitägigen Fachgesprächen im Bundesministerium der Justiz aufhalten und mit ihren Kolleginnen und Kollegen der Bundesanwaltschaft und des Bundeskriminalamtes sowie mit Oberstaatsanwalt Klaus Hoffmann, der derzeit im Rahmen der Atrocity Crimes Advisory Group in der Ukraine tätig ist, relevante Fragen zur Ermittlung von Völkerstraftaten intensiv erörtern.