IRZ-Beteiligung an Fortbildung für das Hohe Antikorruptionsgericht der Ukraine

Grafik: IRZ
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Ukraine

Am 23. Februar 2022, einen Tag vor Beginn der einseitigen militärischen Aggression russischer Streitkräfte gegenüber der Ukraine, beteiligte sich die IRZ an einer Fortbildung für Richterinnen und Richter des Hohen Antikorruptionsgerichts der Ukraine.

Die insgesamt für eine ganze Woche geplante Veranstaltung wurde von der Nationalen Richterschule der Ukraine durchgeführt, mit der die IRZ seit vielen Jahren zusammenarbeitet. Im Rahmen dieser Veranstaltung, bei der es sich um eine für die Richterinnen und Richter gesetzlich vorgeschriebenen Fortbildung handelte, bot sich erstmals die Möglichkeit einer Zusammenarbeit der IRZ mit dem im Jahr 2019 gegründeten Hohen Antikorruptionsgericht der Ukraine.

Als Experten hatte die IRZ Herrn Generalstaatsanwalt a.D. Walter Selter gewinnen können, der am Nachmittag des 23. Februar 2022 zum Thema „Whistleblower. Bedeutung und Schutz“ vortrug. Neben den Mechanismen zum Schutz eines Hinweisgebers ging Herr Selter auf die Beweisgewinnung, Beweiserhebung und Beweiswürdigung im Zusammenhang mit von Whistleblowern erhaltenen Hinweisen im Ermittlungs- und Strafverfahren ein. Auch die Kronzeugenregelung stellte er vor.

In Deutschland gibt es bisher kein eigenständiges Gesetz zum Whistleblower. Die Hinweisgeberrichtlinie der EU, die eigentlich bis Dezember 2021 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen, wurde in Deutschland bisher noch nicht umgesetzt. Ein entsprechendes Gesetz wird aber jetzt geplant. In der Ukraine wurde der Begriff des Whistleblowers bzw. „Enthüllers“ im Rahmen des Änderungsgesetzes zum Korruptionsvorbeugungsgesetz der Ukraine in die Gesetzgebung eingebracht. Im Gegensatz zum ukrainischen Recht, in der auch eine finanzielle Belohnung für einen Whistleblower vorgesehen ist, was hinsichtlich der Objektivität der Hinweise problematisch sein kann, gibt es diesen finanziellen Anreiz im deutschen Recht nicht. In der anschließenden Fragerunde stieß insbesondere auch die Kronzeugenregelung auf besonderes Interesse.

Erfahrungsaustausch zum Ausbau der E-Justiz in Deutschland und in der Ukraine

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In Zusammenarbeit mit der Staatlichen Gerichtsadministration der Ukraine und dem Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen veranstaltete die IRZ am 15. Oktober 2020 ein Online-Fachgespräch zum Thema „Ausbau der E-Justiz in Deutschland und in der Ukraine“.

Die Staatliche Gerichtsadministration der Ukraine ist für die Einführung des Einheitlichen gerichtlichen Informations- und Telekommunikationssystems (EGITS) zuständig, das die Digitalisierung des Informationsverkehrs zwischen den Gerichten und den Prozessbeteiligten ermöglichen soll. Ziel des Erfahrungsaustauschs war es, sich über den jeweiligen Stand der Einrichtung der E-Justiz in der Ukraine und in Deutschland bzw. Nordrhein-Westfalen zu informieren.

Auf ukrainischer Seite nahmen an dem Online-Fachgespräch teil:

  • Liudmyla Hazatulina, Stellvertretende Vorsitzende der Staatlichen Gerichtsadministration der Ukraine, mit ihrem Beraterstab,
  • Serhii Tschornutskyi, Stellvertreter von Liudmyla Hazatulina,
  • Oleksandr Slonitskyi, Abteilungsleiter der Gerichtsadministration, sowie
  • weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gerichtsadministration.

Aus dem Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen konnte die IRZ Isabelle Biallaß, Richterin am Amtsgericht, und Dr. Daniel Lübcke, Richter am Landgericht, als Expertin und Experten für den Online-Erfahrungsaustausch gewinnen.

Oleksandr Slonitskyi informierte über den aktuellen Sachstand bei der Einrichtung der E-Justiz in der Ukraine. Dabei zeigten sich Isabelle Biallaß und Daniel Lübcke beeindruckt von den ambitionierten Vorhaben in Sachen E-Justiz, die in der Ukraine binnen kurzer Zeit umgesetzt werden sollen. Gleichzeitig konnten sie einige Anregungen hinsichtlich einer effizienten Implementierung in Bezug auf Sicherheit sowie technische und organisatorische Fragen geben. Die Staatliche Gerichtsadministration der Ukraine ist an einer Fortführung der Kooperation zur E-Justiz sehr interessiert. Weitere Fachgespräche sind daher in Planung.

Gespräch zur Reform des ukrainischen Notarrechts

Grafik: IRZ
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Am 26. Mai 2020 organisierte die IRZ ein Online-Fachgespräch mit der Notarkammer der Ukraine über den Stand der aktuellen ukrainischen Notarrechtsreform und den Bedarf an einem weiteren fachlichen notarrechtlichen Austausch. Gesprächspartner auf deutscher Seite war der IRZ-Experte JR Notar a.D. Richard Bock, Generalbevollmächtigter der Bundesnotarkammer für internationale Angelegenheiten. Auf ukrainischer Seite nahmen der Präsident der Notarkammer der Ukraine, Volodymyr Marchenko, und fünf weitere ukrainische Notarinnen und Notare teil, die sich bereits im Oktober 2019 zu einem Arbeitsbesuch bei der Bundesnotarkammer aufgehalten hatten.

Im Dezember 2019 war IRZ-Experte Richard Bock zu einem weiterführenden Fachgespräch nach Kiew gereist. Mit dem Online-Gespräch konnte der fachliche Austausch trotz Corona-bedingter Reiseeinschränkungen fortgeführt werden.

Eines der Themen, mit denen sich die ukrainischen Notarinnen und Notare aktuell beschäftigen, ist die Abschaffung des neben dem privaten Notariat noch bestehenden staatlichen Notariats. Diese wurde lange diskutiert und steht voraussichtlich unmittelbar bevor. Ferner sind das E-Notariat und die Distanzbeurkundung im Fokus. Hier ist es der ukrainischen Notarkammer wichtig, dass hinsichtlich der von der derzeitigen Regierung initiierten Devise „Den Staat ins Smartphone“ die Rechtssicherheit und die Beteiligung des Notars/ der Notarin bei Rechtsgeschäften weiterhin hinreichend berücksichtigt werden.

Großes Interesse besteht außerdem am deutschen Modell der Unterstützung von Notarinnen und Notaren in bevölkerungsärmeren und finanzschwächeren Regionen durch Ausgleichzahlungen der Notarkassen. Ein weiteres Gesprächsthema war das Disziplinarrecht für Notarinnen und Notare. Mit der geplanten Änderung des ukrainischen Notargesetzes wird auf die ukrainischen Notarinnen und Notare eine große Verantwortung bei der Verhinderung von Geldwäsche zukommen. Im Zusammenhang mit diesem Monitoring wird die IRZ der Notarkammer der Ukraine eine Übersetzung des Merkblatts der Bundesnotarkammer zur Anwendung der 4. Geldwäscherichtlinie der Europäischen Union zukommen lassen.
Der Gesprächsbedarf ist nach wie vor hoch. IRZ und Bundesnotarkammer werden daher ergänzend schriftliche Materialien zur Verfügung stellen und weitere Online-Gespräche zu notarrechtlichen Einzelfragen organisieren.