Ukrainische Verfassungsrichter zu Fachgesprächen bei der IRZ in Bonn

RiBVerfG a.D. Prof. Dr. Udo Steiner; RiBVerfG a.D. Prof. Dr. Reinhard Gaier; Dr. Stefan Hülshörster, Geschäftsführer der IRZ (v.l.n.r.)
RiBVerfG a.D. Prof. Dr. Udo Steiner; RiBVerfG a.D. Prof. Dr. Reinhard Gaier; Dr. Stefan Hülshörster, Geschäftsführer der IRZ (v.l.n.r.)

Vom 26. bis 29. November 2017 hielt sich erneut eine Delegation des Verfassungsgerichts der Ukraine auf Einladung der IRZ zu Fachgesprächen in Bonn auf.

Der Delegation gehörten neben dem amtierenden Vorsitzenden des ukrainischen Verfassungsgerichts, Victor Kryvenko, drei weitere Verfassungsrichter der Ukraine sowie zwei wissenschaftliche Mitarbeiterinnen von Richtern des Verfassungsgerichts an.

Von deutscher Seite konnten wie schon bei den beiden vorangegangenen Fachgesprächen dieser Art im Mai 2017 und November 2016 Prof. Dr. Reinhard Gaier und Prof. Dr. Udo Steiner, beide ehemalige Richter des Bundesverfassungsgerichts, sowie Dr. Matthias Hartwig, Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg, gewonnen werden.

Im Zentrum der Gespräche stand nochmals die Bearbeitung von Verfassungsbeschwerden, da, wie bereits berichtet (Konferenz zum 20-jährigen Bestehen des Verfassungsgerichts der Ukraine), dieses Instrument der Individualbeschwerde (als Rechtssatzbeschwerde) gemäß Verfassungsänderungsgesetz vom Juni letzten Jahres inzwischen in der Ukraine eingeführt wurde.

Für das Verfassungsgericht der Ukraine sind die deutschen Erfahrungen mit der Bearbeitung der Verfassungsbeschwerden von großem Interesse und Nutzen, wenn es darum geht, den Bürgerinnen und Bürgern möglichst effektiv zu ihrem Recht zu verhelfen.

Des Weiteren wurden praktische Fragen zur schriftlichen und mündlichen Verhandlung sowie zur Geschäftsverteilung der beiden Senate des Bundesverfassungsgerichts thematisiert. Außerdem ging es darum, ob ein Verfassungsgericht zur Vergangenheitsbewältigung beim Übergang von einer autoritären zu einer demokratischen Staatsform beitragen kann. Schließlich wurde auch diskutiert, wie verschiedene Grundrechte miteinander abzuwägen sind.

Das Format, diese Art verfassungsrechtlicher Fachgespräche in einem kleinen Kreis zu führen, hat sich bewährt, da es einen ungleich intensiveren fachlichen Austausch ermöglicht, als dies große Konferenzen vermögen.

Nach Möglichkeit wird die IRZ auch im Jahr 2018 ein bis zwei Fachgespräche dieser Art in die Planungen aufnehmen.

Delegation des ukrainischen Justizministeriums zum Thema Strafvollzug zu Besuch in Berlin

Delegation des ukrainischen Justizministeriums mit Oksana Reiter und Oksana Paschenko mit der Leiterin der Abteilung „Justizvollzug“ der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, Susanne Gerlach (vordere Reihe von links)
Delegation des ukrainischen Justizministeriums mit Oksana Reiter und Oksana Paschenko mit der Leiterin der Abteilung „Justizvollzug“ der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, Susanne Gerlach (vordere Reihe von links)

Vom 13. bis zum 16. November 2017 hielt sich eine Delegation des ukrainischen Justizministeriums unter der Leitung von Oksana Reiter, Leiterin der Verwaltung für Außenbeziehungen, zu einem Arbeitsbesuch in Berlin auf. Der Delegation gehörten u.a. auch die Direktorin der Abteilung des staatlichen Strafvollzugsdienstes, Oksana Paschenko, sowie deren stellvertretender Direktor, Oleksii Bondarenko, an.

Zum Auftakt empfing die Leiterin des Referats „Internationale rechtliche Zusammenarbeit; Protokoll“, Alexandra Albrecht, die Gäste im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV). Dort stellte Referentin Claudia Eller-Funke den Aufbau und die Aufgaben des Ministeriums vor.

Anschließend informierte der Leiter des Referats „Internationale Bekämpfung des Terrorismus; Staatsschutzstrafrecht“, Dr. Martin Hiestand, über die Vorschriften zur Vollstreckung lebenslanger Freiheitsstrafen. Dieses Schwerpunktthema des Besuchs wurde durch ein Gespräch mit der Leiterin der Abteilung „Justizvollzug“ der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, Susanne Gerlach, noch vertieft.

Der Besuch bei der Justizvollzugsanstalt Tegel und die Gespräche mit deren Leiter Martin Riemer, und dem Beauftragten für Öffentlichkeitsarbeit der JVA, Rafael Galejew, gaben die Möglichkeit zum weiteren Austausch über die Vorschriften und die Praxis des Strafvollzugs.

Zum Abschluss besuchten die ukrainischen Gäste die Jugendstrafanstalt Berlin und führten ein Gespräch mit deren stellvertretenden Vollzugsleiterin Silvia Hawliczek.

Das Thema Strafvollzug und insbesondere die Haftbedingungen für lebenslänglich Inhaftierte, das im Rahmen der zwischen dem BMJV und dem Ministerium der Justiz der Ukraine geschlossenen Kooperationsvereinbarung behandelt wurde, wurde von ukrainischer Seite mit großem Interesse aufgenommen und soll mit einem Schwerpunkt auf dem offenen Strafvollzug im kommenden Jahr vertieft werden.

Fachseminar zum Haager Übereinkommen zu zivilrechtlichen Aspekten der internationalen Kindesentführung

Am 26. und 27. Juni 2017 organisierte die IRZ ein Seminar zum Haager Übereinkommen (HKÜ) in Kiew. Die Veranstaltung mit Bezug zu zivilrechtlichen Aspekten der internationalen Kindesentführung fand in Kooperation mit der Richterassoziation der Ukraine statt und wurde mit Mitteln des Auswärtigen Amtes finanziert. Sie richtete sich insbesondere an Richterinnen und Richter, die für dieses Seminar auch aus den Regionen anreisten.

In der Ukraine findet bisher keine Spezialisierung der Gerichte auf das HKÜ statt, wie es sie in Deutschland gibt, sodass grundsätzlich jede Richterin und jeder Richter mit einem internationalen Kindesentführungsfall konfrontiert werden kann.

Das zweitägige Seminar hatte somit zum Ziel, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern den praktischen Umgang mit dem Haager Übereinkommen näher zu bringen und anhand von Fällen eine systematische Struktur für deren Lösung aufzuzeigen.

Die IRZ setzt mit dieser Veranstaltung die wichtige Zusammenarbeit zu diesem Thema fort und kann hier auf die kontinuierliche Unterstützung bei der Durchführung solcher Veranstaltungen durch das Bundesamt für Justiz, das dieses Mal durch Ulrike Kluth verteten war, zurückgreifen.

Erneut nahm RiAG Martina Erb-Klünemann als Expertin von deutscher Seite teil, die als langjährige deutsche Verbindungsrichterin bereits mehrfach zu diesem Thema in der Ukraine war. Sie kann die Fortschritte, die die Ukraine in den letzten Jahren in diesem Bereich gemacht hat, sehr gut beurteilen. Leider wurde in der Ukraine bisher noch kein Verbindungsrichter benannt. Dies soll aber möglichst bald geschehen, um die internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zu erleichtern.

Die anwesenden Vertreterinnen des Ukrainischen Justizministeriums baten um weitere Unterstützung von deutscher Seite bei der möglichen Einführung eines Ausführungsgesetzes zum HKÜ in der Ukraine und sprachen sich auch für die weitere Zusammenarbeit im Bereich der Anwendung des HKÜ aus.

Bereits Anfang dieses Jahres hatte es auf Ministeriumsebene Fachgespräche zum HKÜ in Wustrau gegeben. Sie wurden im Rahmen des Kooperationsabkommen zwischen dem Ukrainischen Justizministerium und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz durchgeführt: Delegation des ukrainischen Justizministeriums tagte zum Thema Mediation im Zusammenhang mit dem HKÜ in Wustrau.