Online-Seminar für Juristinnen und Juristen aus dem Nahen Osten zum Verwaltungsrecht

Multilateral

Am 12. April 2023 veranstaltete die IRZ ein Online-Seminar für Juristinnen und Juristen aus dem Nahen Osten zum Thema Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrecht, das vom Bundesministerium der Justiz finanziert wurde. Die Veranstaltung bildete den ersten Teil einer zweitägigen Seminarreihe zum Staatsangehörigkeitsrecht und Einbürgerungsverfahren und den entsprechenden Rechtsmitteln.

Im Rahmen des Förderprogramms zur nachhaltigen Unterstützung des juristischen Nachwuchses aus dem Nahen Osten informierten sich die Teilnehmenden über Grundlagen des Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrechts und bauten ihr Wissen in den ausgewählten Themen weiter aus. Kenntnisse im allgemeinen Verwaltungsrecht sowie im Prozessrecht sind für die Zielgruppe von großer Bedeutung.

Migrationsrechtlich relevante Themen wie Staatsangehörigkeits-, Aufenthalts- und Asylrecht sowie das allgemeine Verwaltungs- und Verwaltungsprozessrecht sind für die Teilnehmenden besonders relevant, weshalb die Seminarreihe speziell diese Themenbereiche aufgreift. Die Veranstaltung behandelte auch die Grundlagen und Grundsätzen der Verwaltung und ihrer Verfahren, welche auch im allgemeinen Verwaltungsrecht zu finden sind.

Eva Wiglinksi, Richterin am Verwaltungsgericht Minden, vermittelte im Auftrag der IRZ als Expertin den Teilnehmenden die Grundlagen des allgemeinen Verwaltungsrechts und bedeutender Klagearten. Folgende Themen wurden im Einzelnen behandelt:

  • Handlungsformen der Verwaltung, der Verwaltungsakt und seine Bekanntgabe
  • Die Differenzierung zwischen Tatbestand und Rechtsfolge einer Norm
  • Gebundene Entscheidungen, Ermessensentscheidungen
  • Die rechtmäßige Ausübung von Ermessensentscheidungen und die gerichtliche Kontrolldichte
  • Rechtsschutz in Bezug auf Verwaltungsakte; die Anfechtungsklage und Verpflichtungsklage (insbesondere in Form der Untätigkeitsklage)
  • Die Kosten des Verfahrens im Verwaltungsgerichtsprozess

Die erlernten Kenntnisse können die angehenden Juristinnen und Juristen in ihrer Berufspraxis anwenden und somit ihre Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt erhöhen.

An der Veranstaltung nahmen 20 Teilnehmende unter anderem aus Syrien, Ägypten und Irak teil. Zu der Gruppe zählten sowohl Personen, die bereits in ihren Heimatländern ein juristisches Studium abgeschlossen haben und in Anwaltsberufen tätig waren, als auch Personen, die an deutschen Universitäten studiert oder ein Masterstudium (LL.M) absolviert haben.

Die komplexen Inhalte und theoretischen Ausführungen wurden anhand von praxisrelevanten Fallbeispielen erläutert, die Teilnehmenden lösten gemeinsam und mit Unterstützung der Expertin einen Übungsfall und wendeten somit direkt das neu erlernte Wissen an.

Die Diskussionsrunden zwischen den Themenblöcken nutzten sie für fachliche Fragen und zeigten so deutlich ihr Interesse an der Thematik. Insbesondere in Bezug auf das Asylverfahren, das Einbürgerungsverfahren und die Rechtsschutzmöglichkeiten stellten sie zahlreiche Fragen und teilten persönliche Erfahrungen mit der Gruppe.

Im zweiten Teil der Seminarreihe, geplant für Ende Mai 2023, werden sich die Teilnehmenden gezielt mit dem Staatsangehörigkeitsrecht beschäftigen.

Workshop zu juristischer Fachsprache für Juristinnen und Juristen aus dem Nahen Osten

Multilateral

Um einen Beitrag zur gesellschaftlichen und beruflichen Integration von Juristinnen und Juristen aus dem Nahen Osten zu leisten, organisierte die IRZ einen fünftätigen Sprachkurs zu juristischer Fachterminologie. Der Kurs fand vom 10. bis 14. Oktober 2022 in Bonn statt und wurde durch das Bundesministerium der Justiz (BMJ) finanziert.

Teilnehmende waren elf Juristinnen und Juristen aus der Region des Nahen Ostens. Beauftragt über die IRZ war der Dozent Tibor Linke, Volljurist, M.A. Islamwissenschaft und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Erlangener Zentrum für Islam und Recht in Europa (EZIRE) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Während des Sprachkurses konnten sich die Teilnehmenden einen Überblick über das deutsche Zivil- und Strafrecht sowie das öffentliche Recht verschaffen. Dabei setzten sich die Teilnehmenden vor allem mit den Grundbegriffen und Grundlagen dieser Rechtsgebiete auseinander und räumten Missverständnisse bei Fachbegriffen anhand von Praxisbeispielen in einer regen Diskussion aus.


Maßgeblich behandelte Themen waren:

  • Im Zivilrecht: Die ordentliche Gerichtsbarkeit, Aufteilung des BGB, maßgebende Vorschriften aus dem BGB AT und aus dem Schuldrecht
  • Im Strafrecht: Anwendung des Strafrechts, wichtige Grundlagen und Besonderheiten, strafprozessrechtliche Begriffe
  • Im öffentlichen Recht: Das Grundgesetz und seine Staatsprinzipien, Wahlsystem, Verwaltungsakte und ihre Anfechtung, Eilrechtschutz
  • Formulieren eines Gutachtens und Urteils

Neben der Wortschatz- und Kenntniserweiterung wurde die Gruppe außerdem für die verschiedenen juristischen Ausdrucksstile und ihre Anwendung in der Praxis sensibilisiert.

Darüber hinaus wurden Exemplare aus den unterschiedlichen Schriftstücken (z.B. Anklageschrift, Klage, Klageerwiderung, Plädoyer, Beschluss, Urteil) im Rechtsverkehr hinsichtlich ihrer Bezeichnung, Form und Struktur erarbeitet.

Aufgrund des großen Interesses am wissenschaftlichen Arbeiten und dem richtigen Zitieren wurden Hinweise dazu übermittelt.

Im Anschluss an den Sprachkurs wurden Empfehlungen zu dem Thema „Aufbau, Formulierung und Form eines gelungenen Lebenslaufs sowie eines Bewerbungsschreibens“ gegeben.

Die Referenten machten die Teilnehmenden mit den diversen Ausdrucksstilen sowie Schriftsätzen vertraut, so dass sie damit ihre juristischen sprachlichen Fähigkeiten verbessern konnten.

Da der Kurs von der Zielgruppe gut angenommen wurde, plant die IRZ auch im kommenden Jahr die Durchführung ähnlicher Formate.

Internationales praxisorientiertes Training für Notare

Die Teilnehmenden des praxisorientierten Fortbildungsaufenthaltes für englischsprachige Notarinnen und Notare sowie Notarassessorinnen und Notarassessoren mit Herrn Notar Dr. Lovro Tomasic  (5. v. links)
Die Teilnehmenden des praxisorientierten Fortbildungsaufenthaltes für englischsprachige Notarinnen und Notare sowie Notarassessorinnen und Notarassessoren mit Herrn Notar Dr. Lovro Tomasic (5. v. links)
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Teilnehmende aus sechs Partnerstaaten trafen sich nach zweijähriger Corona-Zwangspause vom 24. bis 31. Juli 2022 zur zweiten englischsprachigen praxisorientierten Fortbildung für Notarinnen und Notare erstmals wieder in Präsenz.

Gemeinsam mit der Bundesnotarkammer führt die IRZ seit 2018 – alternierend mit dem Notarhospitationsprogramm in deutscher Sprache – alle zwei Jahre eine multilaterale praxisorientierte Fortbildung in englischer Sprache für die Notarschaft sowie Notarassessorinnen und Notarassessoren durch.

Im Fokus des diesjährigen Programms standen die Rolle der Notarschaft in der vorsorgenden Rechtspflege in Deutschland, der Zugang zum Amt sowie Fragen zur berufsständischen Vertretung auf nationaler und internationaler Ebene.

Die Referierenden erörterten Themen wie Immobilienrecht, Familien- und Erbrecht sowie Gesellschaftsrecht in der notariellen Praxis und diskutierten mit den Teilnehmenden intensiv die Vorteile und Herausforderungen der Digitalisierung des Notariats.

In Ergänzung zu den Vorträgen und Diskussionen hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, das Notariat von Dr. Rabl und Dr. Gassen in Bonn zu besuchen und sich im Gespräch mit Herrn Dr. Gassen eingehend zu Fragen der Büroorganisation auszutauschen.

An der Veranstaltung nahmen sieben Notarinnen und Notare sowie zwei Notarassessoren aus Georgien, Kasachstan, Montenegro, Serbien, der Türkei und Usbekistan teil. Kasachstan und Usbekistan sind dabei die jüngsten Mitglieder der Internationalen Union des Notariats – der Beitritt erfolgte im vergangenen Jahr.

Die Teilnehmenden zeigten sich sehr offen für den multilateralen Austausch mit ihren ausländischen und deutschen Kolleginnen und Kollegen, waren interessiert an den breitgefächerten Themenstellungen und nahmen motiviert und engagiert an den Diskussionen teil.

Das Feedback der Referierenden, die Teilnehmenden und der Organisatoren war ausnahmslos positiv. Es zeigte sich einmal mehr, dass die jahrelangen erfolgreichen Hospitationsprogramme der IRZ ein wichtiges Instrument im Kontext des Gesamtportfolios der Rechtsstaatsförderung sind.