Teilnehmende im Gespräch mit den Experten Dr. Arnd Weishaupt und Uwe Stark am 5. Juli 2022 in Berlin Naher Osten
Vom 4. bis 8. Juli 2022 veranstaltete die IRZ eine Fortbildung für Juristinnen und Juristen aus dem Nahen Osten in Berlin. Die Veranstaltung wurde vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) finanziert und vermittelte den Teilnehmenden neue Kenntnisse über die Grundprinzipien eines funktionierenden Rechtsstaates, die Genfer Flüchtlingskonvention, das Gesetzgebungsverfahren, die Grundlagen des Asyl- und des Individualarbeitsrechts.
Die Lehrveranstaltung bot den Teilnehmenden zugleich die Gelegenheit ihre Kenntnisse zu unterschiedlichen Rechtsgebieten und Verfahren in Deutschland – auch anhand von praxisrelevanten Fallbeispielen z.B. zu Fragen von Aufenthaltserlaubnis, Befristung, Duldung, Familienzusammenführung und Zugang zum Arbeitsmarkt – zu vertiefen.
Die Vermittlung von Soft Skills und Schlüsselqualifikationen, die für Juristinnen und Juristen unentbehrlich sind, war den Referentinnen und Referenten ein ebenso wichtiges Anliegen. Sie unterstrichen in diesem Zusammenhang die Wichtigkeit der sozialen Kompetenz, der überzeugenden Argumentation und der Körpersprache in der juristischen Arbeit.
Die Vermittlung von Kenntnissen rund um die Themen effektives Arbeiten sowie Zeit- und Selbstmanagement rundeten das Programm der Veranstaltung ab. Die Referentinnen und Referenten präsentierten in diesem Zusammenhang praktische Situationen, mit denen Juristinnen und Juristen tagtäglich konfrontiert sind.
16 Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter anderem aus dem Irak und Syrien nahmen an der Veranstaltung teil. Einige haben ihr juristisches Studium in ihrem Heimatland bereits abgeschlossen und waren dort als Rechtsanwältin bzw. Rechtsanwalt tätig. Andere wiederum haben an einer deutschen Universität studiert und ein Masterstudium (LL.M) absolviert.
Im Auftrag der IRZ beteiligten sich an der Lehrveranstaltung folgende Fachexpertinnen und Fachexperten:
Arnd Weishaupt, Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf
Uwe Stark, Richter am Amtsgericht Siegen
Rechtsanwältin Ursula Groos, Rechtsanwältin & Mediatorin in Berlin
Rechtsanwalt Esat Bulut, Rechtsanwaltskanzlei Esat Bulut in Berlin
Neben den Fachvorträgen konnten die Teilnehmenden ein Fachgespräch im BMJ zum Thema Gesetzgebungsverfahren in Deutschland führen. Außerdem besuchten sie das Reichstagsgebäude und wurden bei der Führung über die Arbeit des deutschen Bundestages informiert.
Einen weiteren wichtigen Teil dieses Fortbildungskonzepts bildet das Hospitationsprogramm für ausgewählte Teilnehmende in einer Anwaltskanzlei, um dadurch Einblicke in die praktische Arbeit zu erhalten, ein Netzwerk aufzubauen und um den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Die Hospitationen sind im Zeitraum August bis November 2022 geplant.
Die Referenten und Referentin der Herbstakademie mit Dr. Frauke Bachler, Hauptgeschäftsführerin der IRZ, Prof. Dr. Klaus Weber, Mitglied der Geschäftsleitung des Verlags C.H. Beck, und Projektbereichsleiterin Angela Schmeink (unten v.l.n.r.) Multilateral
Eine großzügige Zuwendung des Verlags C.H. Beck ermöglichte es der IRZ, vom 16. bis 18. November 2021 die multilaterale Online-Konferenz „Nationales und internationales Wirtschaftsrecht – ausgewählte Aspekte und aktuelle Entwicklungen“ für einen ausgedehnten Teilnehmerkreis aus neun unserer Partnerstaaten auszurichten. Die Teilnehmerschaft setzte sich zusammen aus Nachwuchsjuristinnen und -juristen sowie Juristinnen und Juristen aus der Wissenschaft und aus der Praxis der Staaten des Westbalkans und der Östlichen Partnerschaft (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien sowie Armenien, Georgien, Ukraine). Herr Prof. Dr. Klaus Weber, Mitglied der Geschäftsleitung des Verlags C.H. Beck, begrüßte die Teilnehmenden eingangs sehr herzlich, bevor das Fachprogramm eröffnet wurde.
Die insgesamt 110 Teilnehmenden beschäftigten sich im ersten Tagungsteil mit dem deutschen Zivil-, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie mit dem Zivilprozessrecht, ferner mit dem internationalen Privatrecht und dem internationalen Zivilverfahrensrecht.
Den Referenten Dr. Tobias Oelsner, Richter am Landgericht Berlin, und Prof. Dr. Florian Eichel, Professor für Zivilverfahrensrecht und Internationales Privatrecht an der Universität Bern, gelang es in hervorragender Weise, Grundsätze der komplexen Materie verständlich und übersichtlich zu vermitteln. Eine praxisnahe Ergänzung bildete der von der IRZ für diese Tagung produzierte Film: Darin verhandelt ein Berufsrichter an einem deutschen Gericht einen fiktionalen wirtschaftsrechtlichen Fall unter Anwendung des UN-Kaufrechts. So wurde der Ablauf eines Prozesses an einem Beispiel illustriert und konnte anschließend mit den Referenten diskutiert werden.
Der zweite Tag widmete sich dem Rechtsgebiet des geistigen Eigentums: Dr. Oliver Schön, Richter am Landgericht München I, erläuterte anhand anschaulicher Fälle die richterliche Praxis im Urheberrecht sowie den rechtlichen Schutz von Design, Marken und Gebrauchsmustern.
Der Pressesprecher beim Bundeskartellamt, Kay Weidner, machte die Teilnehmenden mit den rechtlichen Grundlagen des Kartellrechts zum Schutz des freien Wettbewerbs vertraut. Zu den weiteren einschlägigen Regelwerken – Fusionskontrolle und Missbrauchsaufsicht – stellte er aktuelle Beispiele aus der digitalen Welt vor.
Dr. Ina Schnurr, Richterin am Bundespatentgericht, rundete den Tag mit Ausführungen zum deutschen Patentrecht ab. Schwerpunkt bildete dabei die Nichtigkeitsklage, die im Zusammenhang mit Patentverletzungsstreitigkeiten regelmäßig angestrengt wird. Von besonderem Interesse war es, dass die am Bundespatentgericht tätigen Richter und Richterinnen entweder technisch vorgebildet sind oder eine technische Ausbildung und eine zusätzliche juristische Qualifikation aufweisen, da die Verfahrensgegenstände regelmäßig technisch hochkomplex sind.
Der Themenkomplex Schiedsgerichtsbarkeit stand am dritten Tag im Mittelpunkt. Die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e. V. (DIS) wurde von ihrem Stellvertretenden Generalsekretär, Viktor von Essen, vorgestellt. Dazu gab er einen Überblick über die Kompetenzen zur Administration von Schiedsverfahren und anderen alternativen Streitbeilegungsverfahren. Das zentrale Regelwerk ist die DIS-Schiedsgerichtsordnung, die erst 2021 zur Effizienzsteigerung, Qualitätssicherung und Transparenz novelliert wurde. Die Ausführungen stellten die einzelnen Phasen der Wirtschaftsstreitigkeiten vor den DIS-Schiedsgerichten mit ihren Chancen und Risiken dar und wurden mit statistischen Angaben unterlegt.
Die aus Sicht einer betroffenen Partei notwendigen Überlegungen im Zusammenhang mit einem Schiedsverfahren erörterte der langjährig und einschlägig erfahrene Rechtsanwalt Jan K. Schäfer, Partner bei King & Spalding. Er ging auf die in den einzelnen Handlungsfeldern wichtigen Anhaltspunkte mit Blick auf Taktik und Strategie ein. Aufgrund seiner weitreichenden Praxiserfahrung konnten einzelne Aspekte anhand konkreter Fälle vor realistischem Hintergrund vertieft werden.
Die Teilnehmenden brachten große Anerkennung für das Konferenzprogramm zum Ausdruck und betonten, dass sich das Angebot als äußerst nützlich für den eigenen beruflichen Kontext erwiesen habe. Der Austausch mit den anderen ausländischen Kolleginnen und Kollegen fand darüber hinaus ebenfalls guten Anklang.
Tagungssprache war Deutsch, dank einer technisch professionellen Infrastruktur und hervorragender Sprachkompetenzen erfolgte die Simultan(relais)verdolmetschung in drei Fremdsprachen durchgehend einwandfrei.
Im Rahmen des Förderungsprojekts zur nachhaltigen Unterstützung des juristischen Nachwuchses aus dem Nahen Osten veranstaltete die IRZ am 24. und 25. Oktober 2021 ein Online-Seminar für arabischsprachige geflüchtete Juristinnen und Juristen zu den Themen „Familiennachzug und Individualarbeitsrecht“. Die Veranstaltung wurde vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) finanziert.
Durch die Evaluation der letzten Präsenzveranstaltung im August 2021 wurde deutlich, dass das Thema Asylrecht von besonderem Interesse für die Teilnehmenden ist. Aus diesem Grund legte die IRZ hier den inhaltlichen Schwerpunkt der Lehrveranstaltung und vertiefte das Thema. Das Seminar zielte darauf ab, die arabischsprachigen geflüchteten Juristinnen und Juristen dabei zu unterstützen, ihre bereits erworbenen juristischen Kenntnisse in den Bereichen Asyl- und Arbeitsrecht zu erweitern und auf diese Weise ihre soziale und berufliche Integration zu fördern.
Nach der Begrüßung zu Beginn des Seminars stellten sich die Teilnehmenden zunächst vor: Einige hatten das juristische Studium in ihrem Heimatland abgeschlossen und waren dort bereits als Anwältinnen und Anwälte tätig gewesen. Andere wiederum hatten an einer deutschen Universität studiert und ein Masterstudium (LL.M) abgeschlossen.
Im Auftrag der IRZ beteiligten sich an der Veranstaltung folgende Expertinnen und Experten:
Rechtsanwältin Dr. Helena Isabel Maier
Manuela Landuris, Selbstständige Beraterin für internationales Privatrecht und internationales Familienrecht
Franz Beil, Volljurist (Interessenschwerpunkt Arbeits- und Sozialrecht)
Die Teilnehmenden konnten durch die Expertenvorträge ihre erworbenen Kenntnisse im Asylrecht vertiefen. Konkret ging es dabei unter anderem um das Verfahren, die Antragstellung, die Verfahrensdauer und die Besonderheiten im Familiennachzug. Darüber hinaus machten sich die Teilnehmenden mit den Grundlagen des Arbeitsrechts anhand von praxisrelevanten Beispielen vertraut. Dabei ging es um die Begründung, den Inhalt und die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses.
Die Teilnehmenden, für die die Themen des Seminars privat und beruflich von großer Relevanz sind, nutzten die Fachvorträge für lebhafte Diskussionen und einen intensiven Erfahrungsaustausch mit den Expertinnen und Experten.
Im November und Dezember 2021 erhalten ausgewählte Teilnehmende die Möglichkeit zu einer zweiwöchigen Hospitation zum Thema Asylrecht in einer Anwaltskanzlei, um dadurch Einblicke in die praktische Arbeit zu erhalten und einen leichteren Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu finden.