Wie baut man Justizvollzugsanstalten nach europäischen Strafvollzugsstandards?

Arbeitsgruppe des Justizministeriums der Republik Armenien zum JVA-Neubau in Armenien; 3 v.l.: Stellvertretende Justizministerin der Republik Armeniens, Arpine Sargsyan
Arbeitsgruppe des Justizministeriums der Republik Armenien zum JVA-Neubau in Armenien; 3 v.l.: Stellvertretende Justizministerin der Republik Armeniens, Arpine Sargsyan
Armenien

Im Rahmen der Fachberatungen des armenischen Justizministeriums zum geplanten Bau einer neuen Justizvollzugsanstalt (JVA) führte die IRZ vom 20. bis 24. Juni 2022 eine Studienreise nach Baden-Württemberg durch. Auf dem Programm der Reise standen Besuche der Justizvollzugsanstalten in Karlsruhe, Offenburg und Stuttgart sowie des Bildungszentrums für den Justizvollzug in Baden-Württemberg.

Ziel der Fachberatungen ist es, bereits in der Planungsphase den Bau einer neuen JVA in Armenien nach neuesten menschenrechtskonformen Strafvollzugsstandards zu begleiten.

In intensiven Besprechungen zwischen der armenischen Delegation und dem deutschen Expertenteam in den jeweiligen JVA wurden Strafvollzugskonzepte und deren bauliche Realisierbarkeit diskutiert und sogleich vor Ort besichtigt.

Die armenische Delegation – unter der Leitung der stellvertretenden Justizministerin der Republik Armeniens, Arpine Sargsyan – setzte sich zusammen aus dem Strafvollzugsexpertenteam des armenischen Justizministeriums, dem verantwortlichen Architekten und dem Präsidenten der NGO Social Justice.

Von deutscher Seite nahmen an den Besprechungen als Referenten teil:

  • Thomas Müller, Anstaltsleiter der JVA Karlsruhe,
  • Hans-Peter Wurdak, Leiter der JVA Offenburg,
  • Matthias Nagel, Leiter der JVA Stuttgart,
  • Heiko Oberle, Stellvertretender Leiter der JVA Karlsruhe,
  • Joachim Obergfell-Fuchs, Leiter des Bildungszentrums Justizvollzug Baden-Württemberg,
  • Heinz Brüche, Justizvollzugsbeamter, Bildungszentrum Justizvollzug Baden-Württemberg.

Zu Reformen des armenischen Strafvollzugs berät die IRZ das armenische Justizministerium seit mehreren Jahren (unter anderem zum Entwurf des neuen Strafvollzugsgesetzes, das am 1. Juli 2022 in Kraft getreten ist, zu Schulungen des Personals an verschiedenen Justizvollzugsanstalten).

Maßgeblich werden die strafvollzugsrechtlichen Aspekte des Neubaus der JVA von dem IRZ-Experten Thomas Müller begleitet, der seit mehreren Jahren, gemeinsam mit Heinz Brüche, die Beratungen im Justizvollzug durchführt.

Fachgespräche über Rechte und Schutz von psychisch Erkrankten im Strafvollzug

v.l.n.r.: Nelly Tumasyan, IRZ-Projektkoordinatorin Armenien; Arman Tatoyan, Ombudsmann der Republik Armenien; Laura Gasparyan, Koordinatorin für die Umsetzung des nationalen Präventionsmechanismus und Abteilungsleiterin für die Verhütung von Folter und Misshandlung beim Ombudsmann-Büro der Republik Armenien
Armenien

„Rechte und Schutz von psychisch Erkrankten in Justizvollzugsanstalten und der Maßregelvollzug“ – dies war das Thema einer Veranstaltung, welche die IRZ zum ersten Mal gemeinsam mit dem Büro des Ombudsmanns der Republik Armenien organisierte – eine unabhängige Institution mit der Aufgabe, Menschen- und Freiheitsrechte in Armenien zu schützen bzw. im Fall einer Rechtsverletzung wiederherzustellen.  

Das Fachgespräch fand am 3. und 4. Dezember 2021 statt und wurde im Hybrid-Format durchgeführt: die deutschen Expertinnen und die Vertreter der IRZ schalteten sich online aus Deutschland zu den Teilnehmenden in Tsaghkadzor, Armenien, dazu.

Vertreterinnen und Vertreter folgender Institutionen nahmen an den Fachgesprächen teil:

  • Mitarbeitende des Ombudsmann-Büros
  • Vertreterinnen und Vertreter des Justizministeriums und des Strafvollzugsdepartements beim Justizministerium der Republik Armenien
  • Mitarbeitende der verschiedenen Justizvollzugsanstalten
  • Vertreterinnen und Vertreter des Gesundheitsministeriums und des Ministeriums für soziale Angelegenheiten
  • Mitarbeitende aus psychiatrischen Abteilungen verschiedener Krankenhäuser (auch aus den umliegenden Regionen) sowie
  • Mitarbeitende von spezialisierten Kinderheimen

Die Veranstaltung eröffneten der Ombudsmann Armeniens, Arman Tatoyan, und IRZ-Projektbereichsleiter Frank Hupfeld. Anschließend berichtete Laura Gasparyan, Koordinatorin für die Umsetzung des nationalen Präventionsmechanismus und Abteilungsleiterin für die Verhütung von Folter und Misshandlung beim Ombudsmann-Büro der Republik Armenien, über die Situation in Armenien und zu dem Stand der Rechte und des Schutzes von psychisch Erkrankten in Armenien.

Die beiden deutschen Referentinnen, Silvia Hawliczek, Fachpsychologin für Rechtspsychologie, Sozialdirektorin a.D. und Tina Hübner, Psychologin beim Maßregelvollzug Berlin, hatten zunächst das Gesundheitssystem im deutschen Strafvollzug und den Maßregelvollzug dargestellt.

Die Fachgespräche wurden sodann zu folgenden Themen fortgeführt:

  • Mechanismen zum Schutz von psychisch Erkrankten,
  • Möglichkeiten zur Beseitigung von Stigmatisierung und von Diskriminierung von psychisch Erkrankten,
  • Aufnahme und Registrierung der Versäumnisse und Probleme von psychisch Erkrankten sowie die hierfür zuständigen Institutionen,
  • Methoden zur Findung von Problemlösungen,
  • Sensibilisierung des Personals in Bezug auf die Rechte und Schutz von psychisch Erkrankten

Es fand ein intensiver Fachaustausch statt und die Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten Institutionen betonten die Wichtigkeit der Veranstaltung und Fortsetzung der Zusammenarbeit im nächsten Jahr.

Erfolgreiche Fortsetzung der strafrechtlichen Moot Courts in Armenien

Hovsep Sargsyan, Mitglied der Anwaltskammer; Davit Harutjunyan, Richter am Gericht der ersten Instanz der Stadt Eriwan; Vazgen Rshtuni, Richter der Strafkammer am Appellationsgericht der Republik Armenien; Prof. Anna R. Margaryan, Stellv. Dekanin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Staatlichen Universität Eriwan, Nelly Tumasyan, IRZ-Projektkoordinatorin in Armenien (v.r.n.l.)
Hovsep Sargsyan, Mitglied der Anwaltskammer; Davit Harutjunyan, Richter am Gericht der ersten Instanz der Stadt Eriwan; Vazgen Rshtuni, Richter der Strafkammer am Appellationsgericht der Republik Armenien; Prof. Anna R. Margaryan, Stellv. Dekanin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Staatlichen Universität Eriwan, Nelly Tumasyan, IRZ-Projektkoordinatorin in Armenien (v.r.n.l.)
Armenien

Am 24. und 25. September 2021 fand zum sechsten Mal seit 2016 ein strafrechtlicher Moot Court im armenischen Aghveran statt. Diese sehr erfolgreiche jährlich stattfindende Veranstaltung richtet die IRZ gemeinsam mit der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Eriwan aus. Um eine Teilnahme an diesem Wettbewerb können sich Studierende der armenischen Universitäten sowie Vertreterinnen und Vertreter anderer Organisationen bewerben. Ziel des Moot Courts ist, dass Teilnehmende durch Rollenspiele den Ablauf einer Gerichtsverhandlung aktiv erleben und dadurch praktische Erfahrungen in den verschiedenen juristischen Berufsfelder sammeln können. 

Die diesjährige Veranstaltung eröffneten Anna R. Margaryan, Professorin für Strafrecht und Stellvertretende Dekanin der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Staatlichen Universität Eriwan, und IRZ-Projektbereichsleiter Frank Hupfeld. Professorin Margaryan erläuterte im Anschluss den Ablauf des Moot Courts.

Für die Teilnahme am diesjährigen Gerichtsspiel hatten sich insgesamt zehn Gruppen à drei Personen beworben. Die Gruppen der fünf folgenden Institutionen bestanden die schriftlichen Auswahltests und nahmen am Moot Court teil:

  • Staatliche Universität Eriwan
  • Staatliche Universität Artzakh (Bergkarabach)
  • Polizeiakademie der Republik Armenien
  • Französische Universität in Armenien
  • Armenisch-Russische Universität in Armenien 
47 20210925 armenien moot court 2
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Moot Courts

Während des Moot Courts wurde jede Gruppe von einem Trainer/ einer Trainerin betreut. An den insgesamt fünf Spielen der ersten Phase des Moot Courts übernahm jede Gruppe jeweils einmal sowohl die Ankläger- als auch die Verteidigerrolle. Die beiden Gewinnergruppen der ersten Phase traten im anschließenden Finalspiel gegeneinander an. Die Leistungen der Teilnehmenden wurden von einer armenisch-deutschen Jury beurteilt: 

  • Vazgen Rshtuni, Richter der Strafkammer am Appellationsgericht der Republik Armenien
  • Davit Harutjunyan, Richter am Gericht der ersten Instanz der Stadt Eriwan
  • Hovsep Sargsyan, Mitglied der Anwaltskammer
  • Dr. Arnd Weishaupt, Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf, Experte der IRZ
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Zwei Gruppen, die während des Moot Courts gegeneinander antraten

Nachdem die Ergebnisse des diesjährigen Gerichtsspiels verkündet worden waren, gab es eine feierliche Preisverleihung. Die Gewinner des diesjährigen Moot Courts sind ausnahmsweise zwei Gruppen – die der Französischen Universität in Armenien und der Staatlichen Universität Eriwan. 

An der Preisverleihung nahmen neben den o.g. Jury-Mitgliedern und den Vertretenden der Staatlichen Universität Eriwan, der Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, Prof. Gagik Ghazinyan, und seine Stellvertreterin, Prof. Anna Margaryan, teil. Zu dieser Zeremonie reisten außerdem extra an:

  • Arman Tatoyan, Ombudsman Armeniens
  • Artur Israelyan, Vize-Rektor für Internationale Zusammenarbeit und Öffentlichkeitsarbeit der Staatlichen Universität Eriwan
  • Elen Hakobyan, Vertreterin der Justizakademie
  • Armen Asatryan, Vertreter der Anwaltskammer
  • Vahe Engibaryan, Vertreter der Richtervereinigung

Ihre Anwesenheit unterstreicht die große Popularität, die die Veranstaltungsreihe in Armenien genießt.

Da die Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten Institutionen die Wichtigkeitder Moot Courts in Armenien ausdrücklich hervorhoben, plant die IRZ, die Veranstaltungsreihe im nächsten Jahr fortzusetzen.