Abschluss des EU-Projekts zur Justizreform in Armenien

Andrea Wiktorin, Botschafterin der EU in Armenien (links), Yeranuhi Tumanyants, Vize-Justizministerin
Andrea Wiktorin, Botschafterin der EU in Armenien (links), Yeranuhi Tumanyants, Vize-Justizministerin
Armenien

Mit der hochrangig besetzten Fachkonferenz „Justizreform und Zugang zur Justiz“ in Eriwan schloss die IRZ am 21. Juli 2022 formal das EU Grant „Consolidation of the Justice System in Armenia“ ab. Die Konferenz befasste sich mit der Rolle von Justizreformen für die Entwicklung demokratischer Strukturen und den Herausforderungen, die sich in solchen Prozessen stellen.

Andrea Wiktorin, EU-Botschafterin in Armenien, betonte in ihrem Grußwort die zentrale Bedeutung einer verlässlichen Justiz für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Landes. Vize-Justizministerin Yeranuhi Tumanyants wies auf die Anstrengungen der Regierung Armeniens im Bereich der Justizreform hin, welche am selben Tag eine Fortsetzung der nationalen Justizreformstrategie verabschiedet hatte. Wichtige Impulse für diesen weiteren Reformprozess können aus einer Studie zur öffentlichen Wahrnehmung der Qualität der Justiz in Armenien gewonnen werden, die das Projekt konzipiert und beauftragt hatte und deren Ergebnisse in der Konferenz präsentiert wurden.

In drei Komponenten, die sich an das armenische Justizministerium sowie die zentralen Justizakteure, also an den Obersten Justizrat, die Justizakademie, die Generalstaatsanwaltschaft, die Rechtsanwaltskammer, die Antikorruptionsbehörde sowie an die Gerichtsbarkeit selbst richteten, unterstützte das Projekt die grundlegende Justizreform im Rahmen des Kooperationsabkommens zwischen Armenien und der EU.

Neben der umfangreichen Trainingskomponente sowie der Entwicklung eines Gerichtsbeurteilungssystems standen in den letzten Projektmonaten eine Reihe von Gesetzesreformen im Fokus, an denen das Projekt mitwirkte.

Im Rahmen der Fachkonferenz, an der auch die Kooperationspartner Expertise France, die Gerichtsverwaltung Lettlands, Vertreterinnen und Vertreter mehrerer Botschaften von EU-Staaten sowie anderer Justizprojekte und Geber aber auch von Kanzleien und Unternehmen teilnahmen, konnten einem größeren Forum die Ergebnisse des Projekts präsentiert werden. Die weitere Umsetzung liegt nunmehr in der Verantwortung der armenischen Akteure.

Wie baut man Justizvollzugsanstalten nach europäischen Strafvollzugsstandards?

Arbeitsgruppe des Justizministeriums der Republik Armenien zum JVA-Neubau in Armenien; 3 v.l.: Stellvertretende Justizministerin der Republik Armeniens, Arpine Sargsyan
Arbeitsgruppe des Justizministeriums der Republik Armenien zum JVA-Neubau in Armenien; 3 v.l.: Stellvertretende Justizministerin der Republik Armeniens, Arpine Sargsyan
Armenien

Im Rahmen der Fachberatungen des armenischen Justizministeriums zum geplanten Bau einer neuen Justizvollzugsanstalt (JVA) führte die IRZ vom 20. bis 24. Juni 2022 eine Studienreise nach Baden-Württemberg durch. Auf dem Programm der Reise standen Besuche der Justizvollzugsanstalten in Karlsruhe, Offenburg und Stuttgart sowie des Bildungszentrums für den Justizvollzug in Baden-Württemberg.

Ziel der Fachberatungen ist es, bereits in der Planungsphase den Bau einer neuen JVA in Armenien nach neuesten menschenrechtskonformen Strafvollzugsstandards zu begleiten.

In intensiven Besprechungen zwischen der armenischen Delegation und dem deutschen Expertenteam in den jeweiligen JVA wurden Strafvollzugskonzepte und deren bauliche Realisierbarkeit diskutiert und sogleich vor Ort besichtigt.

Die armenische Delegation – unter der Leitung der stellvertretenden Justizministerin der Republik Armeniens, Arpine Sargsyan – setzte sich zusammen aus dem Strafvollzugsexpertenteam des armenischen Justizministeriums, dem verantwortlichen Architekten und dem Präsidenten der NGO Social Justice.

Von deutscher Seite nahmen an den Besprechungen als Referenten teil:

  • Thomas Müller, Anstaltsleiter der JVA Karlsruhe,
  • Hans-Peter Wurdak, Leiter der JVA Offenburg,
  • Matthias Nagel, Leiter der JVA Stuttgart,
  • Heiko Oberle, Stellvertretender Leiter der JVA Karlsruhe,
  • Joachim Obergfell-Fuchs, Leiter des Bildungszentrums Justizvollzug Baden-Württemberg,
  • Heinz Brüche, Justizvollzugsbeamter, Bildungszentrum Justizvollzug Baden-Württemberg.

Zu Reformen des armenischen Strafvollzugs berät die IRZ das armenische Justizministerium seit mehreren Jahren (unter anderem zum Entwurf des neuen Strafvollzugsgesetzes, das am 1. Juli 2022 in Kraft getreten ist, zu Schulungen des Personals an verschiedenen Justizvollzugsanstalten).

Maßgeblich werden die strafvollzugsrechtlichen Aspekte des Neubaus der JVA von dem IRZ-Experten Thomas Müller begleitet, der seit mehreren Jahren, gemeinsam mit Heinz Brüche, die Beratungen im Justizvollzug durchführt.

Fachgespräche über Rechte und Schutz von psychisch Erkrankten im Strafvollzug

v.l.n.r.: Nelly Tumasyan, IRZ-Projektkoordinatorin Armenien; Arman Tatoyan, Ombudsmann der Republik Armenien; Laura Gasparyan, Koordinatorin für die Umsetzung des nationalen Präventionsmechanismus und Abteilungsleiterin für die Verhütung von Folter und Misshandlung beim Ombudsmann-Büro der Republik Armenien
Armenien

„Rechte und Schutz von psychisch Erkrankten in Justizvollzugsanstalten und der Maßregelvollzug“ – dies war das Thema einer Veranstaltung, welche die IRZ zum ersten Mal gemeinsam mit dem Büro des Ombudsmanns der Republik Armenien organisierte – eine unabhängige Institution mit der Aufgabe, Menschen- und Freiheitsrechte in Armenien zu schützen bzw. im Fall einer Rechtsverletzung wiederherzustellen.  

Das Fachgespräch fand am 3. und 4. Dezember 2021 statt und wurde im Hybrid-Format durchgeführt: die deutschen Expertinnen und die Vertreter der IRZ schalteten sich online aus Deutschland zu den Teilnehmenden in Tsaghkadzor, Armenien, dazu.

Vertreterinnen und Vertreter folgender Institutionen nahmen an den Fachgesprächen teil:

  • Mitarbeitende des Ombudsmann-Büros
  • Vertreterinnen und Vertreter des Justizministeriums und des Strafvollzugsdepartements beim Justizministerium der Republik Armenien
  • Mitarbeitende der verschiedenen Justizvollzugsanstalten
  • Vertreterinnen und Vertreter des Gesundheitsministeriums und des Ministeriums für soziale Angelegenheiten
  • Mitarbeitende aus psychiatrischen Abteilungen verschiedener Krankenhäuser (auch aus den umliegenden Regionen) sowie
  • Mitarbeitende von spezialisierten Kinderheimen

Die Veranstaltung eröffneten der Ombudsmann Armeniens, Arman Tatoyan, und IRZ-Projektbereichsleiter Frank Hupfeld. Anschließend berichtete Laura Gasparyan, Koordinatorin für die Umsetzung des nationalen Präventionsmechanismus und Abteilungsleiterin für die Verhütung von Folter und Misshandlung beim Ombudsmann-Büro der Republik Armenien, über die Situation in Armenien und zu dem Stand der Rechte und des Schutzes von psychisch Erkrankten in Armenien.

Die beiden deutschen Referentinnen, Silvia Hawliczek, Fachpsychologin für Rechtspsychologie, Sozialdirektorin a.D. und Tina Hübner, Psychologin beim Maßregelvollzug Berlin, hatten zunächst das Gesundheitssystem im deutschen Strafvollzug und den Maßregelvollzug dargestellt.

Die Fachgespräche wurden sodann zu folgenden Themen fortgeführt:

  • Mechanismen zum Schutz von psychisch Erkrankten,
  • Möglichkeiten zur Beseitigung von Stigmatisierung und von Diskriminierung von psychisch Erkrankten,
  • Aufnahme und Registrierung der Versäumnisse und Probleme von psychisch Erkrankten sowie die hierfür zuständigen Institutionen,
  • Methoden zur Findung von Problemlösungen,
  • Sensibilisierung des Personals in Bezug auf die Rechte und Schutz von psychisch Erkrankten

Es fand ein intensiver Fachaustausch statt und die Vertreterinnen und Vertreter der beteiligten Institutionen betonten die Wichtigkeit der Veranstaltung und Fortsetzung der Zusammenarbeit im nächsten Jahr.