Studienreise zum Thema Vermögensabschöpfung nach Berlin

Dr. Jutta Kemper (linke Seite, Mitte) begrüßt die albanische Delegation um Vize-Innenminister Besfort Lamallari (gegenüber) im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Dr. Jutta Kemper (linke Seite, Mitte) begrüßt die albanische Delegation um Vize-Innenminister Besfort Lamallari (gegenüber) im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
Albanien

Auf Einladung der IRZ informierte sich eine elfköpfige albanische Delegation vom 17. bis 20. Februar 2020 in Berlin über das deutsche System der Vermögensabschöpfung. Hintergrund der Studienreise ist der albanische Anti-Korruptions-Plan. Er ist unter anderem im Hinblick auf EU-Beitrittsgespräche ein zentraler Bestandteil der Reformierung des Justizsystems.

Die albanische Delegation setzte sich aus Angehörigen folgender Institutionen zusammen:

  • Innenministerium,
  • Justizministerium,
  • Spezialeinheit gegen das organisierte Verbrechen,
  • Agentur für die Verwaltung beschlagnahmter Vermögenswerte sowie
  • Staatsanwaltschaft.

Zum Auftakt der Studienreise war die Delegation, die von Vize-Innenminister Besfort Lamallari begleitet wurde, zu Fachgesprächen im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eingeladen. Nachdem die albanischen Gäste von Unterabteilungsleiterin Dr. Jutta Kemper begrüßt worden waren, stellten Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Referate die wesentlichen gesetzlichen Neuerungen von 2017 in der Vermögensabschöpfung in Deutschland vor. Darüber hinaus referierten sie unter anderem zu folgenden Themen:

  • Vorläufige Sicherung von Vermögenswerten,
  • Gerichtliche Verfahren der Vermögensabschöpfung,
  • Vollstreckung der Vermögensabschöpfung nach rechtskräftiger Anordnung durch ein Gericht,
  • Opferentschädigung,
  • Internationale justizielle Rechtshilfe einschließlich Vollstreckungshilfe.

Gemeinsam mit den IRZ-Experten Detlef Kreutzer, ehemaliger Leiter der Abteilung Wirtschaftskriminalität im Landeskriminalamt Hamburg, und Horst Bien, Leitender Oberstaatsanwalt in Duisburg, ging Prof. Dr. Martin Heger von der Humboldt-Universität zu Berlin im Anschluss auf die europarechtlichen Grundlagen hinsichtlich der Vermögensabschöpfung ein und erläuterte dabei den Unterschied zwischen der EU-Richtlinie und der EU-Verordnung.

Am Folgetag war das Kriminalgericht Berlin die nächste Station der Studienreise. Dort erläuterten Jörg Raupach, Behördenleiter bei der Staatsanwaltschaft Berlin, und Dr. Nina Thom, Oberstaatsanwältin und Leiterin der Abteilung für Vermögensabschöpfung, die Zuständigkeiten der Berliner Staatsanwaltschaft sowie die organisatorischen Veränderungen im Zuge der gesetzlichen Neuregelung von 2017. Der anschließende Fachaustausch beschäftige sich mit der statistischen Erhebung von Vermögensabschöpfungsmaßnahmen, der Zusammenarbeit mit der Financial Intelligence Unit (FIU) sowie einem anhängigen Fall der Clan-Kriminalität in Berlin, in dessen Zuge 77 Immobilien beschlagnahmt wurden. Danach wurden dieser sowie weitere Fälle bei einem Besuch im Landeskriminalamt Berlin gemeinsam mit Polizeivizepräsident Marco Langer und dem Dezernatsleiter Michael Horn, Dezernat LKA 31, aus polizeilicher Sicht beleuchtet.

Der Abschluss der Studienreise fand im Berliner Büro der IRZ mit den beiden IRZ-Experten statt, die die albanischen Gäste während der gesamten Zeit begleiteten. Zunächst referierte Horst Bien zur Organisation und zu den Zuständigkeitsgebiete der Staatsanwaltschaft Duisburg. In seinem Vortrag ging er vertiefend auf die statistische Erhebung von Maßnahmen der Vermögensabschöpfung ein. Detlef Kreutzer fasste schließlich alle Themen der Studienreise noch einmal zusammen und verwies auf die Regelungen hinsichtlich der Vermögensabschöpfung, die von EU-Beitrittskandidaten umzusetzen sind.

Aufbauend auf die Themen der Studienreise sollen bis zum Jahresende 2020 Seminare mit allen relevanten Partnern stattfinden, deren Schwerpunkt die vergleichende Analyse der albanischen Gesetzeslage mit europäischen Anforderungen sein wird. Die Ergebnisse der Seminare sollen im Idealfall in Vorschläge zur konkreten Gesetzgebung münden.

Viertes Seminar zur Verfassungsbeschwerde im albanischen Korça

Arben Lena, Präsident der Rechtsanwaltskammer Korça, und Prof. Dr. Jan Bergmann, Senatsvorsitzender am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, diskutieren während des Seminars
Arben Lena, Präsident der Rechtsanwaltskammer Korça, und Prof. Dr. Jan Bergmann, Senatsvorsitzender am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, diskutieren während des Seminars
Albanien

Die im vergangenen Jahr gestartete Seminarreihe zur Verfassungsbeschwerde in Albanien wurde am 4. und 5. Dezember 2019 fortgesetzt. Nachdem die ersten drei Seminare in Tirana und Durres im Zentrum des Landes stattgefunden hatten, richtete die IRZ in Zusammenarbeit mit der albanischen Rechtsanwaltskammer die vierte Auflage in der südalbanischen Stadt Korça aus. Hintergrund ist die Verfassungsänderung von 2016 und das damit einhergehende Recht der Bürgerinnen und Bürger, sich mit Individualbeschwerden direkt ans Verfassungsgericht wenden zu können.

Grundlage für das Seminar bildete die 2017 erschienene IRZ-Publikation „Die Verfassungsbeschwerde – Ein Handbuch für Praktikerinnen und Praktiker aus deutscher und albanischer Sicht“, die vom Referenten des Seminars, Professor Dr. Jan Bergmann, Senatsvorsitzender am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, in Co-Autorschaft mit Dr. Arta Vorpsi, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Verfassungsgerichts, erstellt worden war.

Prof. Bergmann ging am ersten Tag des Seminars auf die europäische Dogmatik der Menschrechte sowie die Prüfschemen bei Freiheits- und Grundrechten sowie bei Gleichheitsgrundrechten ein. Am Folgetag brachte er den 19 anwesenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten die Zulässigkeitsvoraussetzungen von Verfassungsbeschwerden in Deutschland näher, erläuterte einige damit verbundene Sonderprobleme und schloss das Seminar mit einem Vortrag zur aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Auch wenn das albanische Verfassungsgericht aktuell nicht beschlussfähig ist, ermutigte Prof. Bergmann die Anwaltschaft dennoch, passende Fälle einzureichen, um so das albanische Rechtssystem stetig weiterzuentwickeln. Er empfahl dabei, in den Klageschriften nicht nur die albanische Verfassung und die Europäische Konvention für Menschenrechte heranzuziehen, sondern im Hinblick auf eine zukünftige EU-Mitgliedschaft auch die Charta der Europäischen Union zu zitieren.
Nachdem die IRZ das Thema Verfassungsbeschwerde nun im Zentrum und im Südosten des Landes verbreitet hat, wird überlegt, die Seminarreihe in Shkodra, der größten Stadt im Norden, fortzuführen.

Seminar und Moot Court zum Asylrecht in Tirana

Wolfgang Bartsch spricht während des Seminars zu den Teilnehmenden
Wolfgang Bartsch spricht während des Seminars zu den Teilnehmenden
Albanien

Für Asylsuchende ist Albanien traditionell ein Transitland, das auf dem Weg in die EU passiert wird. Im vergangenen Jahr war jedoch geschätzt 1 Prozent der Geflüchteten bereit, im Land zu bleiben, sodass gegenüber 2017 eine 14-fache Zunahme der Asylanträge zu verzeichnen war. Dementsprechend spielt die Asylgesetzgebung in Albanien eine zunehmend wichtigere Rolle. In diesem Zusammenhang führte die IRZ am 8. und 9. Oktober 2019 ein Seminar mit der Magistratenschule in Tirana durch, das von 18 Teilnehmenden aus der Staatsanwaltschaft sowie der Richterschaft besucht wurde.

Als IRZ-Experte war Wolfgang Bartsch, Präsident des Verwaltungsgerichts Braunschweig a.D., vor Ort. Er referierte zu folgenden Themen:

  • Einführung in die Tätigkeiten des Verwaltungsrichters in Deutschland,
  • Überblick über die aktuelle Entwicklung der Asylverfahren in Europa und Deutschland sowie
  • Überblick über das Gemeinsame Europäische Asylsystem und dessen Umsetzung.

Hauptprogrammpunkt des Seminars war ein Moot Court mit dem Fall einer afghanischen Familie, der 2017 am Verwaltungsgericht Braunschweig verhandelt worden war. Zunächst stellte Wolfgang Bartsch den Fall vor und wies den Teilnehmenden ihre jeweilige Rolle als Vertreterinnen und Vertreter von Anwaltschaft, Staatsanwaltschaft oder Richterschaft zu. Auf die Vorbereitung in Gruppen folgten die mündliche Verhandlung und die Verkündung des Urteils. Im Anschluss an den Moot Court gab der IRZ-Experte den Teilnehmenden ein Feedback und stellte zum Vergleich das Original-Urteil vor.

Abgerundet wurde das Seminar von Manjola Bejleri und Idlir Peci von der Magistratenschule. Ihre Themen waren:

  • Überblick über das albanische Asylrechtssystem und Asylrechtsverfahren,
  • Stand der Reformdiskussion im Lichte des Gesetzes 121/2014,
  • Formen der asylrechtlichen Schutzgewährung in Albanien sowie
  • Asylrecht in der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Nach Möglichkeit soll dieses Thema im kommenden Jahr vertieft werden.