Seminar und Moot Court zum Asylrecht in Tirana

Wolfgang Bartsch spricht während des Seminars zu den Teilnehmenden
Wolfgang Bartsch spricht während des Seminars zu den Teilnehmenden
Albanien

Für Asylsuchende ist Albanien traditionell ein Transitland, das auf dem Weg in die EU passiert wird. Im vergangenen Jahr war jedoch geschätzt 1 Prozent der Geflüchteten bereit, im Land zu bleiben, sodass gegenüber 2017 eine 14-fache Zunahme der Asylanträge zu verzeichnen war. Dementsprechend spielt die Asylgesetzgebung in Albanien eine zunehmend wichtigere Rolle. In diesem Zusammenhang führte die IRZ am 8. und 9. Oktober 2019 ein Seminar mit der Magistratenschule in Tirana durch, das von 18 Teilnehmenden aus der Staatsanwaltschaft sowie der Richterschaft besucht wurde.

Als IRZ-Experte war Wolfgang Bartsch, Präsident des Verwaltungsgerichts Braunschweig a.D., vor Ort. Er referierte zu folgenden Themen:

  • Einführung in die Tätigkeiten des Verwaltungsrichters in Deutschland,
  • Überblick über die aktuelle Entwicklung der Asylverfahren in Europa und Deutschland sowie
  • Überblick über das Gemeinsame Europäische Asylsystem und dessen Umsetzung.

Hauptprogrammpunkt des Seminars war ein Moot Court mit dem Fall einer afghanischen Familie, der 2017 am Verwaltungsgericht Braunschweig verhandelt worden war. Zunächst stellte Wolfgang Bartsch den Fall vor und wies den Teilnehmenden ihre jeweilige Rolle als Vertreterinnen und Vertreter von Anwaltschaft, Staatsanwaltschaft oder Richterschaft zu. Auf die Vorbereitung in Gruppen folgten die mündliche Verhandlung und die Verkündung des Urteils. Im Anschluss an den Moot Court gab der IRZ-Experte den Teilnehmenden ein Feedback und stellte zum Vergleich das Original-Urteil vor.

Abgerundet wurde das Seminar von Manjola Bejleri und Idlir Peci von der Magistratenschule. Ihre Themen waren:

  • Überblick über das albanische Asylrechtssystem und Asylrechtsverfahren,
  • Stand der Reformdiskussion im Lichte des Gesetzes 121/2014,
  • Formen der asylrechtlichen Schutzgewährung in Albanien sowie
  • Asylrecht in der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Nach Möglichkeit soll dieses Thema im kommenden Jahr vertieft werden.

Seminar zur Verflechtung der Verwaltungs- mit der Zivilgerichtsbarkeit

Lindita Sinanaj und Florian Kalaja von der Magistratenschule; Klaus Hage, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Minden (v.l.n.r.)
Lindita Sinanaj und Florian Kalaja von der Magistratenschule; Klaus Hage, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Minden (v.l.n.r.)
Albanien

Erst 2012 als eigenständiger Gerichtszweig eingeführt, ist die albanische Verwaltungsgerichtsbarkeit bis heute Gegenstand zahlreicher Abgrenzungsdiskussionen zu anderen Gerichtsbarkeiten. Vor diesem Hintergrund führte die IRZ in Kooperation mit der Magistratenschule am 26. und 27. September 2019 ein Seminar durch, das sich der Verflechtung der Verwaltungs- mit der Zivilgerichtsbarkeit widmete. Die Veranstaltung richtete sich an:

  • Richterinnen und Richter,
  • Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie
  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ombudsmanns.

Zu Beginn des Seminars führten Lindita Sinanaj und Florian Kalaja von der Magistratenschule in die albanische Veraltungsgerichtsbarkeit ein und erläuterten die Abgrenzung zur Ordentlichen Gerichtsbarkeit. IRZ-Experte Klaus Hage, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Minden, spiegelte dies anhand des deutschen Justizsystems und ging zur Abgrenzung der Gerichtsbarkeiten auf folgende Punkte ein:

  • Ordentliche Gerichtsbarkeit gegenüber der besonderen Gerichtsbarkeit,
  • Definition der rechtlich-öffentlichen Streitigkeiten sowie
  • gesetzliche Basis: Befugnisse des Bundesverwaltungsgerichts gegenüber den Berufungsverwaltungsgerichten und den erstinstanzlichen Verwaltungsgerichten.

Im Anschluss erläuterte Klaus Hage die deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit genauer, indem er den 18 Seminarteilnehmenden die Spruchkörper und die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter sowie den Instanzenzug und die Zulassungsverfahren näherbrachte. Lindita Sinanaj und Florian Kalaja beendeten den ersten Seminartag mit der Vorstellung albanischer Fälle, die sich auf Rechtsstreitigkeiten bezüglich Verwaltungsverträgen sowie gerichtliche Zuständigkeiten u.a. bei Anerkennungsklagen bezogen.
Am Folgetag stellte Klaus Hage die europarechtlichen Einflüsse auf die deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit vor, wobei er sich u.a. auf folgende Punkte konzentrierte:

  • Primäres und sekundäres Unionsrecht,
  • Vollzug des Unionsrechts durch nationale Behörden sowie
  • Rechtsschutz gegen auf Unionsrecht beruhende Maßnahmen.
Nachdem er diesen Themenblock mit Fallbeispielen, bei denen die Seminarteilnehmenden das deutsche mit dem EU-Recht vergleichen mussten, ergänzt hatte, beschlossen die albanischen Experten das Seminar u.a. mit einem Vortrag über Grenzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit und des Verfassungsgerichts in Streitigkeiten hinsichtlich normativer Akte.

EURALIUS V: Drittes Stakeholder-Committee-Meeting in Tirana

Drittes Stakeholder-Committee-Meetings im Rahmen des EURALIUS V-Projekts
Drittes Stakeholder-Committee-Meetings im Rahmen des EURALIUS V-Projekts
Albanien

Am 24. Juli 2019 fand in Tirana das dritte Stakeholder-Committee-Meeting im Rahmen des EURALIUS V-Projekts statt, das federführend von der IRZ umgesetzt wird. Im Rahmen der halbjährlich stattfindenden Sitzung resümierte das Expertenteam die Arbeit der zurückliegenden Monate und stellte seinen Plan für die kommenden sechs Monate vor. Der korrespondierende EURALIUS V-Fortschrittsbericht wurde angenommen.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens waren unter anderem:

  • Fjoralba Caka, stellv. Justizministerin Albaniens,
  • Xhezair Zaganjori, Vorsitzender des Obersten Gerichtshofes,
  • Arta Marku, Generalstaatsanwältin,
  • Vertreterinnen und Vertreter der EU-Delegation in Albanien, der Botschaften, die das Konsortium repräsentieren, sowie
  • Vertreterinnen und Vertreter des Konsortiums sowie sämtlicher Justizinstitutionen, mit denen das EURALIUS-Projekt kooperiert, inklusive Magistratenschule und die neu errichteten Justizinstitutionen Hoher Richterrat und Hoher Staatsanwälterat.

Zeitgleich erinnerte man in Albanien an die Änderung der Verfassung und den Beginn der Justizreform vor drei Jahren. In diesem Rahmen begann man mit der Arbeit an einem umfangreichen, aus 40 Gesetzen bestehenden Reformpaket, an dem die IRZ im Rahmen des Vorgängerprojekts EURALIUS IV maßgeblich mitgearbeitet hat.

Trotz des andauernden Vetting-Verfahrens, also der Überprüfung von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, konnten Anfang 2019 einige der neuen Justizinstitutionen ihre Arbeit aufnehmen. Diese werden von EURALIUS im Rahmen von Kapazitätsbildungsmaßnahmen sowie der Schaffung von internen Regularien intensiv unterstützt.

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Sitzung äußerten sich sehr positiv über die vom EURALIUS-Team geleistete Arbeit und fragten weitere Unterstützungsmaßnahmen an.

Projektbeschreibung: EURALIUS V

Funded by the European Union