Drittes Seminar zur Verfassungsbeschwerde in Durrës

Skender Korriku, Vorsitzender der Rechtsanwaltskammer Durrës; Rezarta Abdiu, Rechtsanwaltskammer Albanien; Prof. Dr. Jan Bergmann, Senatsvorsitzender am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (v.l.n.r.)
Skender Korriku, Vorsitzender der Rechtsanwaltskammer Durrës; Rezarta Abdiu, Rechtsanwaltskammer Albanien; Prof. Dr. Jan Bergmann, Senatsvorsitzender am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (v.l.n.r.)
Albanien

Aufbauend auf die ersten beiden Seminare im Juli und Oktober 2018 in Tirana, fand am 11. und 12. April das dritte Seminar zur Verfassungsbeschwerde in Albanien statt. Es wurde dieses Mal in Durrës ausgerichtet. Anlass der Seminare ist die Änderung der albanischen Verfassung 2016, seit der Bürgerinnen und Bürger das Recht haben, sich mit Individualbeschwerden direkt an das Verfassungsgericht zu wenden.

Grundlage des Seminar in Durrës bildete die 2017 erschienene IRZ-Publikation „Die Verfassungsbeschwerde – Ein Handbuch für Praktikerinnen und Praktiker aus deutscher und albanischer Sicht“, das vom Referenten des Seminars, Professor Dr. Jan Bergmann, Senatsvorsitzender am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, in Co-Autorschaft mit Dr. Arta Vorpsi, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Verfassungsgerichts, erstellt worden war.

Selbst für zwei Jahre an das Bundesverfassungsgericht in Deutschland abgeordnet, erläuterte Professor Dr. Bergmann einführend das große Vertrauen der Deutschen in das Verfassungsgericht. Seit dessen Gründung 1951 sind dort bislang über 200.000 Verfassungsbeschwerden eingegangen, was zur stetigen Weiterentwicklung des deutschen Rechtssystems geführt hat. Da zum Zeitpunkt des Seminars in Albanien noch keine Verfassungsbeschwerde erhoben worden war, ermutigte Professor Dr. Bergmann die rund 25 teilnehmenden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, passende Fälle beim Verfassungsgericht einzureichen. Er empfahl dabei, in den Klageschriften nicht nur die albanische Verfassung und die Europäische Konvention für Menschenrechte heranzuziehen, sondern im Hinblick auf eine zukünftige EU-Mitgliedschaft auch die Charta der Europäischen Union zu zitieren.

Wurden die Teilnehmenden am ersten Seminartag insbesondere hinsichtlich der Verfahrensvorgaben und Ausgestaltung der Verfassungsbeschwerde sowie der Zulässigkeitsvoraussetzungen geschult, ging Professor Dr. Bergmann am zweiten Tag auf die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ein.

Die IRZ und die Rechtsanwaltskammer planen, weitere Veranstaltungen außerhalb Tiranas durchzuführen, um noch mehr albanische Anwältinnen und Anwälte für dieses Thema sensibilisieren zu können.

Seminar für Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter zum Thema „Verfassungs- vs. Verwaltungsgerichtsbarkeit“

Prof. Dr. Michaela Wittinger, Prof. Dr. Sokol Sadushi, Altina Nasufi und Kaliona Nushi (v.l.n.r.)
Prof. Dr. Michaela Wittinger, Prof. Dr. Sokol Sadushi, Altina Nasufi und Kaliona Nushi (v.l.n.r.)
Albanien

Im Rahmen des Curriculums der Magistratenschule Albanien führte die IRZ am 11. und 12. März 2019 ein Seminar durch, das sich der Abgrenzung zwischen Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit widmete. Hintergrund des Seminars war zum einen der Aufbau des albanischen Verfassungsgerichts nach deutschem Muster und zum anderen die Neueinführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Albanien im Jahr 2013.

Der Präsident der Magistratenschule, Prof. Dr. Sokol Sadushi, begrüßte die rund 25 Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter und ging im Anschluss auf die Überprüfung der Gesetzes- bzw. Verfassungswidrigkeit von Akten mit Normcharakter, Individualakten sowie von Gesetzen ein. Rege Diskussionen lösten einige Bestimmungen der albanischen Verfassung hinsichtlich der Kompetenzstreitigkeiten zwischen den beiden Gerichtsbarkeiten aus.

Prof. Dr. Michaela Wittinger, IRZ-Expertin und Professorin u.a. für Staats- und Verfassungsrecht an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Mannheim, griff die Diskussion auf und erläuterte, dass in Deutschland im Vergleich zu Albanien Gesetze nach Inkrafttreten nur sehr selten auf Verfassungskonformität überprüft werden. Nachdem sie über den Schutz des Individuums durch die deutsche Verfassungsgerichtsbarkeit in Bezug auf die Kontrolle von Parlamentsgesetzen referiert hatte, führte Kaliona Nushi, Dozentin der Magistratenschule, in das Thema „Einzelpersonen gegenüber der albanischen Verfassungsgerichtsbarkeit“ ein.

Altina Nasufi, zweite Dozentin der Magistratenschule, eröffnete den Folgetag mit einem Vortrag zur Überprüfung der Gesetzeswidrigkeit von Akten mit Normcharakter durch das albanische Berufungsverwaltungsgericht. Beschlossen wurde das Seminar von Prof. Dr. Wittinger. Sie erläuterte zunächst den Schutz des Individuums durch die deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit anhand einiger Fälle aus dem vergangenen Jahr und spannte anschließend einen Bogen zum Europarecht, in dem sie dessen Einflüsse auf die deutsche Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit darlegte.

Seminar in Kooperation mit der Magistratenschule Albanien zur Rom II-Verordnung

Prof. Dr. Gerhard Hohloch zusammen mit den Referentinnen der Magistratenschule, Aida Bushati (links) und Erinda Meli
Prof. Dr. Gerhard Hohloch zusammen mit den Referentinnen der Magistratenschule, Aida Bushati (links) und Erinda Meli
Albanien

In Zusammenarbeit mit der Magistratenschule Albanien führte die IRZ am 19. und 20. Dezember 2018 ein Seminar zum internationalen Privatrecht durch. Fünfzehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Richterschaft und Staatsanwaltschaft fanden sich in Tirana ein, um sich über die Rom II-Verordnung (außervertragliche Schuldverhältnisse) zu informieren.

Nach dem Grußwort des Direktors der Magistratenschule, Sokol Sadushaj, legte Aida Bushati den Stand des internationalen Privatrechts in Albanien dar, dessen gesetzgeberischer Ursprung auf das Jahr 1964 zurückgeht. IRZ-Experte Prof. Dr. Gerhard Hohloch, u.a. Em. Ordinarius für Internationales Privatrecht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, führte anschließend in die 2009 in Kraft getretene Rom II-Verordnung ein und grenzte sie von den drei restlichen Rom-Verordnungen ab.

Im weiteren Verlauf referierte Aida Bushati zu Schadensregulierengen von Unfällen in Albanien mit Ausländerbeteiligung, woraufhin Prof. Dr. Hohloch die EuGH-Rechtsprechung bezüglich der Auslandsunfälle vor Gericht und Erinda Meli, zweite Referentin der Magistratenschule, die albanische Praxis hinsichtlich der Auslandsunfälle vor Gericht erläuterten.

In Zusammenspiel mit Aida Bushati ging Prof. Dr. Hohloch am zweiten Tag auf Schadensfälle aus grenzüberschreitenden unerlaubten Handlungen (Umweltschädigungen, unlauterer Wettbewerb u.a.) ein. Beschlossen wurde das Seminar mit Vorträgen zu den Themen „Schädigung aus ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag“ sowie „Schäden aus Verschulden bei Vertragsabschluss“.

Zukünftig soll es weitere Seminare zur Vermittlung der kollisionsrechtlichen Verordnungen (Rom I, Rom III und Rom IV) geben. Die IRZ will langfristig auch die geplanten Verordnungen Rom V und Rom VI in die Seminarreihe aufnehmen.