Seminar zur Verflechtung der Verwaltungs- mit der Zivilgerichtsbarkeit

Lindita Sinanaj und Florian Kalaja von der Magistratenschule; Klaus Hage, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Minden (v.l.n.r.)
Lindita Sinanaj und Florian Kalaja von der Magistratenschule; Klaus Hage, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Minden (v.l.n.r.)
Albanien

Erst 2012 als eigenständiger Gerichtszweig eingeführt, ist die albanische Verwaltungsgerichtsbarkeit bis heute Gegenstand zahlreicher Abgrenzungsdiskussionen zu anderen Gerichtsbarkeiten. Vor diesem Hintergrund führte die IRZ in Kooperation mit der Magistratenschule am 26. und 27. September 2019 ein Seminar durch, das sich der Verflechtung der Verwaltungs- mit der Zivilgerichtsbarkeit widmete. Die Veranstaltung richtete sich an:

  • Richterinnen und Richter,
  • Staatsanwältinnen und Staatsanwälte sowie
  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ombudsmanns.

Zu Beginn des Seminars führten Lindita Sinanaj und Florian Kalaja von der Magistratenschule in die albanische Veraltungsgerichtsbarkeit ein und erläuterten die Abgrenzung zur Ordentlichen Gerichtsbarkeit. IRZ-Experte Klaus Hage, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Minden, spiegelte dies anhand des deutschen Justizsystems und ging zur Abgrenzung der Gerichtsbarkeiten auf folgende Punkte ein:

  • Ordentliche Gerichtsbarkeit gegenüber der besonderen Gerichtsbarkeit,
  • Definition der rechtlich-öffentlichen Streitigkeiten sowie
  • gesetzliche Basis: Befugnisse des Bundesverwaltungsgerichts gegenüber den Berufungsverwaltungsgerichten und den erstinstanzlichen Verwaltungsgerichten.

Im Anschluss erläuterte Klaus Hage die deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit genauer, indem er den 18 Seminarteilnehmenden die Spruchkörper und die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter sowie den Instanzenzug und die Zulassungsverfahren näherbrachte. Lindita Sinanaj und Florian Kalaja beendeten den ersten Seminartag mit der Vorstellung albanischer Fälle, die sich auf Rechtsstreitigkeiten bezüglich Verwaltungsverträgen sowie gerichtliche Zuständigkeiten u.a. bei Anerkennungsklagen bezogen.
Am Folgetag stellte Klaus Hage die europarechtlichen Einflüsse auf die deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit vor, wobei er sich u.a. auf folgende Punkte konzentrierte:

  • Primäres und sekundäres Unionsrecht,
  • Vollzug des Unionsrechts durch nationale Behörden sowie
  • Rechtsschutz gegen auf Unionsrecht beruhende Maßnahmen.
Nachdem er diesen Themenblock mit Fallbeispielen, bei denen die Seminarteilnehmenden das deutsche mit dem EU-Recht vergleichen mussten, ergänzt hatte, beschlossen die albanischen Experten das Seminar u.a. mit einem Vortrag über Grenzen der ordentlichen Gerichtsbarkeit und des Verfassungsgerichts in Streitigkeiten hinsichtlich normativer Akte.

EURALIUS V: Drittes Stakeholder-Committee-Meeting in Tirana

Drittes Stakeholder-Committee-Meetings im Rahmen des EURALIUS V-Projekts
Drittes Stakeholder-Committee-Meetings im Rahmen des EURALIUS V-Projekts
Albanien

Am 24. Juli 2019 fand in Tirana das dritte Stakeholder-Committee-Meeting im Rahmen des EURALIUS V-Projekts statt, das federführend von der IRZ umgesetzt wird. Im Rahmen der halbjährlich stattfindenden Sitzung resümierte das Expertenteam die Arbeit der zurückliegenden Monate und stellte seinen Plan für die kommenden sechs Monate vor. Der korrespondierende EURALIUS V-Fortschrittsbericht wurde angenommen.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Treffens waren unter anderem:

  • Fjoralba Caka, stellv. Justizministerin Albaniens,
  • Xhezair Zaganjori, Vorsitzender des Obersten Gerichtshofes,
  • Arta Marku, Generalstaatsanwältin,
  • Vertreterinnen und Vertreter der EU-Delegation in Albanien, der Botschaften, die das Konsortium repräsentieren, sowie
  • Vertreterinnen und Vertreter des Konsortiums sowie sämtlicher Justizinstitutionen, mit denen das EURALIUS-Projekt kooperiert, inklusive Magistratenschule und die neu errichteten Justizinstitutionen Hoher Richterrat und Hoher Staatsanwälterat.

Zeitgleich erinnerte man in Albanien an die Änderung der Verfassung und den Beginn der Justizreform vor drei Jahren. In diesem Rahmen begann man mit der Arbeit an einem umfangreichen, aus 40 Gesetzen bestehenden Reformpaket, an dem die IRZ im Rahmen des Vorgängerprojekts EURALIUS IV maßgeblich mitgearbeitet hat.

Trotz des andauernden Vetting-Verfahrens, also der Überprüfung von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, konnten Anfang 2019 einige der neuen Justizinstitutionen ihre Arbeit aufnehmen. Diese werden von EURALIUS im Rahmen von Kapazitätsbildungsmaßnahmen sowie der Schaffung von internen Regularien intensiv unterstützt.

Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Sitzung äußerten sich sehr positiv über die vom EURALIUS-Team geleistete Arbeit und fragten weitere Unterstützungsmaßnahmen an.

Projektbeschreibung: EURALIUS V

Funded by the European Union

Seminar zur Wiederaufnahme von Strafverfahren in Albanien

Anne Meier-Göring, Vorsitzende Richterin der Großen Jugendstrafkammer am Landgericht Hamburg; Spiro Spiro und Albana Boksi, Referierende der Magistratenschule (auf dem Podium v.l.n.r.)
Anne Meier-Göring, Vorsitzende Richterin der Großen Jugendstrafkammer am Landgericht Hamburg; Spiro Spiro und Albana Boksi, Referierende der Magistratenschule (auf dem Podium v.l.n.r.)
Albanien

In Kooperation mit der Magistratenschule Albanien führte die IRZ am 6. und 7. Juni 2019 ein Seminar durch, das sich der Wiederaufnahme von Strafverfahren in Bezug auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und der 2017 geänderten albanischen Strafprozessordnung widmete.

Spiro Spiro und Albana Boksi, Referierende der Magistratenschule, eröffneten die Veranstaltung, indem sie den rund 25 Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten das Thema Wiederaufnahme von Strafverfahren näherbrachten und die Änderungen der albanischen Strafprozessordnung sowie zwei anhängige albanische Fälle vor dem EGMR vorstellten. Im Anschluss referierten sie zur Erhebung neuer Beweise für die Rechtsprechung des Obersten Gerichts und des Verfassungsgerichts.

Anne Meier-Göring, IRZ-Expertin und Vorsitzende Richterin der Großen Jugendstrafkammer am Landgericht Hamburg, brachte im Laufe des Seminars immer wieder die deutsche Sichtweise ein. Sie beschloss den ersten Tag mit einem Vortrag über die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Verfahren unter Berücksichtigung des Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention, die Rechtsprechung des EGMR sowie Abwesenheitsverfahren als Grund für einen Verstoß gegen den besagten Artikel. Außerdem erläuterte sie die deutsche Strafprozessordnung hinsichtlich der Anwesenheitspflicht des Angeklagten in der Hauptverhandlung.

Nachdem die albanischen Referierenden am zweiten Tag die Umsetzung der Entscheidungen des EGMR als Grund für die Wiederaufnahme rechtskräftig beendeter Verfahren aufgegriffen hatten, ging Anne Meier-Göring auf die Umsetzung der Entscheidungen des EGMR bei Konventionsverstößen durch die Wiederaufnahme der Verfahren ein. Sie stellte anschließend das deutsche Wiederaufnahmeverfahren vor und zog einen Vergleich zu den diesbezüglichen albanischen Vorschriften.

Bevor Spiro Spiro und Albana Boksi das Seminar mit einem Vortrag über den Verfahrensstatus der oder des Angeklagten, das albanische Wiederaufnahmeverfahren, Verfügungen nationaler Gerichte sowie über Probleme in Bezug auf die Verfassung beschlossen, hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ausgiebig Gelegenheit, eigene Fälle vorzustellen und diese mit den Referierenden zu diskutieren.