Prof. Dr. Michaela Wittinger, Prof. Dr. Sokol Sadushi, Altina Nasufi und Kaliona Nushi (v.l.n.r.) Albanien
Im Rahmen des Curriculums der Magistratenschule Albanien führte die IRZ am 11. und 12. März 2019 ein Seminar durch, das sich der Abgrenzung zwischen Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit widmete. Hintergrund des Seminars war zum einen der Aufbau des albanischen Verfassungsgerichts nach deutschem Muster und zum anderen die Neueinführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit in Albanien im Jahr 2013.
Der Präsident der Magistratenschule, Prof. Dr. Sokol Sadushi, begrüßte die rund 25 Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter und ging im Anschluss auf die Überprüfung der Gesetzes- bzw. Verfassungswidrigkeit von Akten mit Normcharakter, Individualakten sowie von Gesetzen ein. Rege Diskussionen lösten einige Bestimmungen der albanischen Verfassung hinsichtlich der Kompetenzstreitigkeiten zwischen den beiden Gerichtsbarkeiten aus.
Prof. Dr. Michaela Wittinger, IRZ-Expertin und Professorin u.a. für Staats- und Verfassungsrecht an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Mannheim, griff die Diskussion auf und erläuterte, dass in Deutschland im Vergleich zu Albanien Gesetze nach Inkrafttreten nur sehr selten auf Verfassungskonformität überprüft werden. Nachdem sie über den Schutz des Individuums durch die deutsche Verfassungsgerichtsbarkeit in Bezug auf die Kontrolle von Parlamentsgesetzen referiert hatte, führte Kaliona Nushi, Dozentin der Magistratenschule, in das Thema „Einzelpersonen gegenüber der albanischen Verfassungsgerichtsbarkeit“ ein.
Altina Nasufi, zweite Dozentin der Magistratenschule, eröffnete den Folgetag mit einem Vortrag zur Überprüfung der Gesetzeswidrigkeit von Akten mit Normcharakter durch das albanische Berufungsverwaltungsgericht. Beschlossen wurde das Seminar von Prof. Dr. Wittinger. Sie erläuterte zunächst den Schutz des Individuums durch die deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit anhand einiger Fälle aus dem vergangenen Jahr und spannte anschließend einen Bogen zum Europarecht, in dem sie dessen Einflüsse auf die deutsche Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeit darlegte.
Prof. Dr. Gerhard Hohloch zusammen mit den Referentinnen der Magistratenschule, Aida Bushati (links) und Erinda Meli Albanien
In Zusammenarbeit mit der Magistratenschule Albanien führte die IRZ am 19. und 20. Dezember 2018 ein Seminar zum internationalen Privatrecht durch. Fünfzehn Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Richterschaft und Staatsanwaltschaft fanden sich in Tirana ein, um sich über die Rom II-Verordnung (außervertragliche Schuldverhältnisse) zu informieren.
Nach dem Grußwort des Direktors der Magistratenschule, Sokol Sadushaj, legte Aida Bushati den Stand des internationalen Privatrechts in Albanien dar, dessen gesetzgeberischer Ursprung auf das Jahr 1964 zurückgeht. IRZ-Experte Prof. Dr. Gerhard Hohloch, u.a. Em. Ordinarius für Internationales Privatrecht der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, führte anschließend in die 2009 in Kraft getretene Rom II-Verordnung ein und grenzte sie von den drei restlichen Rom-Verordnungen ab.
Im weiteren Verlauf referierte Aida Bushati zu Schadensregulierengen von Unfällen in Albanien mit Ausländerbeteiligung, woraufhin Prof. Dr. Hohloch die EuGH-Rechtsprechung bezüglich der Auslandsunfälle vor Gericht und Erinda Meli, zweite Referentin der Magistratenschule, die albanische Praxis hinsichtlich der Auslandsunfälle vor Gericht erläuterten.
In Zusammenspiel mit Aida Bushati ging Prof. Dr. Hohloch am zweiten Tag auf Schadensfälle aus grenzüberschreitenden unerlaubten Handlungen (Umweltschädigungen, unlauterer Wettbewerb u.a.) ein. Beschlossen wurde das Seminar mit Vorträgen zu den Themen „Schädigung aus ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag“ sowie „Schäden aus Verschulden bei Vertragsabschluss“.
Zukünftig soll es weitere Seminare zur Vermittlung der kollisionsrechtlichen Verordnungen (Rom I, Rom III und Rom IV) geben. Die IRZ will langfristig auch die geplanten Verordnungen Rom V und Rom VI in die Seminarreihe aufnehmen.
Staatssekretär und IRZ-Kuratoriumsmitglied Philipp Fernis (rechts, stehend) begrüßt die albanische Delegation Albanien
Auf Einladung der IRZ nutzte eine zwölfköpfige Delegation der Magistratenschule Albanien vom 10. bis 13. Dezember 2018 die Gelegenheit, sich in Trier und Mainz Einblicke in das deutsche System zur Aus- und Fortbildung von Richterinnen und Richtern zu verschaffen. Die albanischen Gäste informierten sich darüber hinaus über die Arbeitsweise von Akademien und bildeten sich im Bereich „Online-Kommentare“ weiter.
Dr. Stefan Tratz, Direktor der Deutschen Richterakademie, eröffnete den fachlichen Teil, indem er auf die Gründung, Finanzierung und Arbeitsweise der Deutschen Richterakademie einging. Er erläuterte, dass die rund 5000 Kursplätze im Jahr nicht nur für juristische Themen (v.a. Strafrecht und Zivilrecht) zur Verfügung stehen, sondern die aktiven Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte verstärkt auch im Bereich Soft-Skills geschult werden.
Im Anschluss daran war die Delegation bei der auf Initiative des Europäischen Parlaments 1992 gegründeten Europäischen Rechtsakademie zu Gast. Pro Jahr werden zwischen 6000 und 8000 Teilnehmende aus der Richterschaft, der Staatsanwaltschaft, der Anwaltschaft sowie aus Wirtschaft und Verwaltung im Europäischen Recht fortgebildet, wobei verstärkt Online-Kurse angeboten werden, erläuterte Dr. Wolfgang Heusel, Direktor der Europäischen Rechtsakademie.
Philipp Fernis, Staatssekretär und IRZ-Kuratoriumsmitglied, hieß die Gäste am nächsten Tag in Mainz im Ministerium der Justiz Rheinland-Pfalz willkommen und begrüßte die internationale Zusammenarbeit mit einem EU-Beitrittskandidaten wie Albanien in Zeiten verstärkten Nationalismus‘. Anschließend führten Katharina Will, Richterin am Amtsgericht, und Susanne Boysen, Ministerialrätin, in den auf das Jurastudium folgenden Ablauf der Staatsexamina und des Referendariats ein und brachten den albanischen Gästen Karrieremöglichkeiten für Volljuristinnen und Volljuristen in Deutschland näher. Dr. Isabel Eggers-Wronna, Richterin am Finanzgericht, schilderte danach das Bewerbungsverfahren und die Einstellungsvoraussetzungen für den Richterdienst in Rheinland-Pfalz. Abschließend erklärte Regierungsdirektor Ruben Tomić die Funktion des Referats für Fortbildungen, welches für das zentrale Fortbildungsprogramm in Rheinland-Pfalz verantwortlich ist.
In Anknüpfung an den Vortag referierte Prof. Dr. Ekkehard Hofmann von der Universität Trier zum Jurastudium in Deutschland und verdeutlichte der Delegation die unterschiedlichen Prüfungssysteme, die u.a. mit dem föderalen System zu erklären sind. Bevor Prof. Dr. Thomas Rüfner zu einer Stadtführung in Trier einlud, beschloss er den fachlichen Teil der Studienreise mit einem Vortrag zum Thema Online-Kommentare, indem er den Teilnehmenden aktuelle Fälle und Gesetzesentscheidungen vorstellte, die in Online-Datenbanken zur Verfügung stehen.