Pavlina Jankulovska, Staatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Bitola; Fidancho Stoev, Richter a.D. am obersten Gerichtshof Nordmazedoniens; Gerhard Kircher, ehemaliger Präsident des Oberlandesgerichts in Oldenburg; Natasha Andreevska-Tomovska, IRZ (An der Stirnseite des Tisches v.l.n.r.) Nordmazedonien
Am 28. und 29. Mai 2019 fand an der Akademie für Richter und Staatsanwälte „Pavel Shatev“ in Skopje ein zweitägiges Seminar zur Richterethik statt, das von dieser Akademie in Zusammenarbeit mit der IRZ ausgerichtet wurde.
Eröffnet wurde die Veranstaltung seitens der Akademie durch Dr. Pavlina Jankukovska, die im Namen der Direktorin der Akademie die Anwesenden begrüßte. Für die IRZ sprach deren örtliche Vertreterin Natasha Andreevska.
Danach schlossen sich Referate von Fidancho Stoev, Richter a.D. am Obersten Gerichtshof Nordmazedoniens, und von Dr. Pavlina Jankulovska, Staatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Bitola, an. Als deutscher Referent sprach Dr. Gerhard Kircher, ehemaliger Präsident des Oberlandesgerichts in Oldenburg.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer des ersten Seminartags waren:
Präsidentinnen und Präsidenten verschiedener Gerichte,
Leiterinnen und Leiter verschiedener Staatsanwaltschaften sowie
Mitglieder des Richter- und des Staatsanwaltschaftsrates.
Am Folgetag besuchten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gerichte und Staatsanwaltschaften aus allen Gerichtsbezirken des Landes die Veranstaltung.
Im Mittelpunkt des Seminars standen die theoretischen und praktischen Aspekte der Berufsethik, wobei die besondere Verantwortung der Vertreterinnen und Vertreter der dritten Staatsgewalt betont wurde. Den Vorträgen der Referentinnen und Referenten schlossen sich jeweils rege Diskussionen an, die vor allem die Schwerpunkte der richterlichen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nach Art. 6 der EMRK zum Gegenstand hatten.
Behandelt wurde auch die Stellung des Richters und deren Gefährdung durch Korruption. Hierbei kamen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu dem Schluss, dass die richterliche Unabhängigkeit der Judikative von der vollziehenden Exekutive und der Politik gestärkt werden müsse. Dies gelte insbesondere, weil eine unzuverlässige Justiz ein Hemmnis für von Nordmazedonien dringend benötigte ausländische Investitionen darstelle. Der Richterethik kommt im Rahmen der gegenwärtigen Justizreform in Nordmazedonien eine besondere Bedeutung zu. Die Veranstaltung knüpft an vorherige Aktivitäten der IRZ in diesem Bereich an. Außerdem ergänzt sie die Beratung, die die IRZ vor kurzem bei der Neufassung der Bestimmungen zur Qualifikation zukünftiger Richterinnen und Richter geleistet hat.
Ausschnitt aus der multiateralen Diskussion zur Verfassungsbeschwerde mit Prof. Dr. Tansije Marinkovic (links) aus Serbien Mazedonien
Am 17. Dezember 2018 richtete die IRZ in Skopje gemeinsam mit der Vertreterin Mazedoniens vor dem europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und der Justizakademie eine Veranstaltung zur Rechtsprechung des EGMR aus. Nach den Grußworten des deutschen Botschafters Thomas Gerberich referierte die ehemalige mazedonische Richterin in Straßburg, Dr. Mirjana Lazarova Trajkovska, zu einer Analyse der bisherigen EGMR-Rechtsprechung und deren Folgen bezüglich Mazedoniens. Diese Analyse war anlässlich der 20-jährigen Mitgliedschaft des Landes im Europarat ausgearbeitet worden. Bei derselben Gelegenheit wurde außerdem eine weitere Ausgabe des Newsletters über Urteile des EGMR mit besonderer Bedeutung für Mazedonien vorgestellt. Der Newsletter erscheint in mazedonischer Sprache sowie der Sprache der albanischen Bevölkerungsminderheit.
Neben Dr. Trajkovska war der ehemalige Präsident des Landesverfassungsgerichtes Sachsen-Anhalt, Winfried Schubert, Referent der Veranstaltung. Zusammen mit den vorgestellten Veröffentlichungen lieferten die Vorträge ein detailliertes Bild von Themenfeldern, die zukünftig noch einer intensiven Bearbeitung bedürfen.
Am darauffolgenden Tag fand ein gemeinsam mit der Nichtregierungsorganisation „Institut für Demokratie“ ausgerichteter Workshop zu Fragen der Einführung einer Verfassungsbeschwerde in Mazedonien teil, bei denen auch die diesbezüglichen Erfahrungen in der Republik Serbien eingebracht wurden, wo die IRZ die Einführung der Verfassungsbeschwerde erfolgreich unterstützt hatte.
Die genannten Veranstaltungen sind, ebenso wie bei selbiger Gelegenheit geführte Gespräche beim Verfassungsgericht, Teil der Aktivitäten der IRZ im Themenbereich der Menschenrechte, der neben dem Themenbereich der Rechtstaatlichkeit einen der Schwerpunkte bei der Implementierung der Westbalkan-Strategie der EU bildet.
Außerdem war zu erfahren, dass die dienstliche Beurteilung von Richterinnen und Richtern nach deutschem Vorbild Eingang in den Entwurf eines neuen Gesetzes über die Gerichte finden soll, das demnächst in die Regierungsberatungen eingebracht werden wird. Dies geht zurück auf Vorschläge der IRZ. Gleiches gilt für verschiedene Anregungen der IRZ zum Entwurf eines neuen Verwaltungsverfahrensgesetzes.
Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der mazedonischen Delegation auf der Dachterrasse des Auswärtigen Amtes mit Sonderstaatsanwältin Katica Janeva (Mitte) Mazedonien
Vom 23. bis 27. September 2018 fand in Berlin ein Arbeitsbesuch der mazedonischen Sonderstaatsanwaltschaft zum Thema „Das Ermittlungsverfahren in Deutschland“ statt, der von der IRZ mit Mitteln der Projektförderung des Auswärtigen Amtes (AA) ausgerichtet wurde. Die Sonderstaatsanwaltschaft wurde auf Veranlassung der EU ins Leben gerufen, nachdem ca. 600.000 Telefonate von mindestens 20.000 mazedonischen Bürgerinnen und Bürgern illegal mitgeschnitten worden waren. Die Sonderstaatsanwaltschaft klärt auch andere Straftaten hochrangiger Politiker und weiterer Funktionäre auf.
Die von der Sonderstaatsanwältin Katica Janeva geleitete Delegation bestand aus insgesamt sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Sonderstaatsanwaltschaft, die ein reichhaltiges Programm absolvierte. Der Arbeitsbesuch begann mit einer Begrüßung im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz durch Oberregierungsrätin Dr. Christiane Unland-Schlebes, Referat INT-KOR, und zwei Fachvorträgen von Richter am Landgericht Dr. Lasse Dinter, Referat RB2/RB3, und EStA Dr. Frank Böhme, Referat II A4.
Es folgten weitere Vorträge und Fachgespräche von und mit (in zeitlicher Reihenfolge):
Kriminaldirektor a.D. Hans-Dieter Hilken,
OStA Frank Seidel, Frankfurt/Oder,
OStA Björn Kelpin, Generalstaatsanwaltschaft Berlin, sowie
Polizeihauptkommisaar Frank Pein, Berlin.
Auch Generalstaatsanwalt a.D. Ralf Rother, Berlin, stand für einen Gedanken- und Erfahrungsaustausch zur Verfügung,
Außerdem empfing der Beauftragte des Auswärtigen Amts für Südosteuropa, die Türkei und die Efta-Staaten, Botschafter Dr. Christian Hellbach, die Delegation im Auswärtigen Amt.
Die mazedonischen Gäste erhielten durch die thematisch weitgefasste Expertise sowie große praktische Erfahrung der Referentinnen und Referenten einen guten Einblick ins Ermittlungsverfahren in Deutschland. Die Bekämpfung von Korruption, Geldwäsche und Vermögensabschöpfung stieß auf besonders großes Interesse.
Zwei Beispiele der jüngsten deutschen Gesetzgebung, nämlich § 299a StGB „Bestechlichkeit im Gesundheitswesen“ und § 73 StGB in der Fassung aufgrund des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung aus dem Jahre 2017, sahen die Delegationsteilnehmer de lege ferenda auch als Lösungen für das mazedonische Recht.
Da die IRZ derzeit bereits im Rahmen eines anderen Projektes das deutsche StGB ins Mazedonische übersetzen lässt, werden diese Normen zusammen mit übersetzten Auszügen der Gesetzesbegründung dem mazedonischen Justizministerium und anderen Multiplikatoren im Lande zur Verfügung gestellt werden.
Die Veranstaltung wurde auch von der Bundesrechtsanwaltskammer unterstützt, die Räume für die Fachgespräche zur Verfügung stellte, da der Besprechungsraum im „Haus des Rechtes“, dem Sitz der Berliner Niederlassung der IRZ, wegen Umbauarbeiten derzeit nicht zur Verfügung steht.