Teilnehmende in der Bibliothek des Oberlandesgerichts Nürnberg. Nordmazedonien
Ein Arbeitsbesuch von jungen Richterinnen und Richtern aus Nordmazedonien am Oberlandesgericht sowie am Landgericht und am Amtsgericht Nürnberg fand vom 22. bis 26. Oktober 2023 in Nürnberg statt. Die IRZ organisierte in Zusammenarbeit mit dem OLG Nürnberg und der Akademie für die Richterschaft und Staatsanwaltschaft Pavel Shatev die durch eine Projektförderung des Auswärtigen Amts ermöglichte Veranstaltung.
Im Mittelpunkt standen dabei die Praxis einer effektiven Verhandlungsführung durch Richterinnen und Richter sowie Fragen der Justizorganisation und der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Darüber hinaus nutzte die Gruppe die Möglichkeit sich in Nürnberg über die justizielle Aufarbeitung des Nationalsozialismus zu informieren. Die jungen Richterinnen und Richter nahmen gemeinsam mit bayerischen Referendarinnen und Referendaren an einer ganztägigen Veranstaltung im Schwurgericht Saal 600, dem Ort der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, teil.
Die Veranstaltung fand im Rahmen der kritischen Reflexion des Rechts im Sinne des im Jahr 2021 neu gefassten § 51 des deutschen Richtergesetzes statt.
Im Rahmen des vom Auswärtigen Amt geförderten Projekts „Aktuelle Fragen der Rechtsstaatsförderung in ausgewählten Staaten des Westbalkan 2022-2023“ fand vom 18. bis 23. Juni 2023 in Bonn ein Arbeitsbesuch von angehenden Richterinnen und Richtern aus Nordmazedonien statt, in dessen Fokus die richterliche Verhandlungsführung im Zivil- und Strafprozess in Deutschland stand.
An dem Besuch nahmen zwölf angehende Richterinnen und Richter teil, die demnächst an der Justizakademie „Pavel Shatev“ ihre Einführungsausbildung abschließen werden. Die Veranstaltung richtete sich gezielt an diese junge Zielgruppe, um sicherzustellen, dass die Adressatinnen und Adressaten die vermittelten Inhalte in ihrem Berufsleben möglichst lange nutzen können.
Der Frauenanteil unter den Teilnehmenden betrug annähernd 70 %, auch die albanische Bevölkerungsgruppe, die ca. 25 % der Bevölkerung von Nordmazedonien ausmacht, war angemessen vertreten.
Geboten wurde ein abwechslungsreiches Programm, bestehend aus
Einführungsvorträgen,
Besuchen von Verhandlungen,
Fachgesprächen mit Richterinnen und Richtern, Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten,
internen Nachbesprechungen und Diskussionen sowie auch
dem Einsatz audiovisueller Medien.
Die IRZ bietet in Südosteuropa seit Jahren gezielt Maßnahmen mit den Themenschwerpunkten „Verfahrensrecht und Zivilrecht“ an und verfügt über breit aufgestellte Fachinformationen. Deshalb konnte die IRZ den Teilnehmenden eine Übersetzung der deutschen Strafprozessordnung bzw. des Strafgesetzbuchs sowie Einführungen zum Rechtspflegegesetz, zum deutschen Gesellschafts- und Versicherungsrecht, zum allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie themenübergreifende Publikationen zur Verfügung stellen. Außerdem erhielten sie einen Newsletter zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in mazedonischer und albanischer Sprache unter anderem zu dem Thema „Recht auf ein faires Verfahren“.
Das Landgericht Bonn, zu dem die IRZ eine langjährige gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit unterhält, hatte die Teilnahme der Gruppe an mehreren Verhandlungen im Straf- und Zivilprozess ermöglicht. Dem Präsidenten des Landgerichts Bonn, Dr. Stefan Weismann, dankt die IRZ besonders.
Am 25. Oktober 2022 fand in Skopje (Nordmazedonien) das von der IRZ gemeinsam mit der Akademie für Richter und Staatsanwälte „Pavel Shatev“ organisierte Seminar "Vorbereitung und Führung von Verhandlungen im Zivilprozess“ statt. Antoneta Dimovska, Richterin am Zivilgericht in Skopje und Prof. Dr. Jan Orth, LL.M., Vorsitzender Richter am Landgericht Köln, betonten die Bedeutung einer umfangreichen Vorbereitung und aktiver Leitung von Zivilverhandlungen.
Richterliche Verhandlungsführung hat viele Wirkungen
Diese tragen nicht nur zur Beschleunigung der Verfahrensdauer, sondern auch zur größeren Akzeptanz des Gerichts und seiner Entscheidungen durch die Parteien und damit zum Ansehen der Justiz insgesamt bei.
Den Teilnehmenden wurden konkrete Empfehlungen etwa für den Umgang mit den Parteien und Prozessbevollmächtigten bei der Förderung von Prozessvergleichen gegeben. Eine praktische Übung in Kleingruppen zur Relationstechnik rundete das Programm ab.
In äußerst lebhaft gehaltenen Vorträgen betonten die beiden Referierenden übereinstimmend die Bedeutung einer aktiven Rolle der Richterschaft. Auch auf ihre häufig anzutreffende Befürchtung, wegen vorläufiger Einschätzungen zur Rechts- und Sachlage als befangen zu gelten, gingen sie ein.
Film ergänzte Gehörtes und Diskutiertes
Die Premiere des IRZ-Lehrfilms zur richterlichen Verhandlungsführung in mazedonischer Sprache bereicherte die Vorträge und Diskussion. In diesem kamen auch mazedonische Teilnehmerinnen und Teilnehmer an von der IRZ ausgerichteten Arbeitsbesuchen in Deutschland zu Wort, die ihre dabei gewonnenen Eindrücke schilderten und die deutsche Praxis in Bezug zu derjenigen an den Gerichten Nordmazedoniens setzten.
Die Veranstaltung ist ein Beispiel dafür, dass die IRZ mit der professionellen Kombination von Formaten und Handlungsformen die Effizienz der IRZ-Veranstaltungen deutlich steigert.