Beratung zur Reform des Strafgesetzbuchs in Nordmazedonien

Grafik: IRZ
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Nordmazedonien

Bereits seit mehreren Monaten berät die IRZ das Justizministerium Nordmazedoniens zur Reform des Strafgesetzbuchs. Der Reformprozess wird durch eine Arbeitsgruppe des Ministeriums begleitet, die sich am 15. Februar 2021 zu ihrer konstituierenden Sitzung online traf. Die rund zwanzig Rechtswissenschaftlerinnen und Rechtswissenschaftler sowie juristischen Praktikerinnen und Praktiker der Arbeitsgruppe wurden von Nikolina Mikeska, Justizministerium von Nordmazedonien, Ana Novakova Zhikova, OSZE-Mission in Skopje, und dem zuständigen Projektbereichsleiter der IRZ, Dr. Stefan Pürner, begrüßt.

Der Leiter der Arbeitsgruppe, Prof. Dr. Kambovski betonte während des Treffens die Notwendigkeit eines einheitlichen Systems und einheitlicher Strukturen des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens. Diese Voraussetzung wird die Tätigkeit der Arbeitsgruppe und den Reformprozess des Strafgesetzbuchs in Nordmazedonien in den folgenden Monaten begleiten.

In der zweiten Hälfte des Jahres 2021 soll der Entwurf des überarbeiteten Strafgesetzbuchs der Öffentlichkeit vorgestellt werden und dadurch auch der interessierten Fachöffentlichkeit eine Mitsprache im Reformprozess ermöglichen.

Im Rahmen der bislang geleisteten Beratungstätigkeit der IRZ haben deutsche Juristinnen und Juristen aus Wissenschaft und Praxis Gutachten zu Entwürfen der strafrechtlichen Vorschriften erstellt. Diese Gutachten umfassen folgende Themen:

  • Wirtschaftskriminalität
  • Terrorismusbekämpfung
  • Computerkriminalität
  • Schutz von Wahlen
  • Klonen und künstliche Elternschaft
  • Insolvenzstraftaten

Die Autorinnen und Autoren haben dazu die Entwürfe aus Nordmazedonien unter Berücksichtigung der Inhalte der entsprechenden strafrechtlichen Vorschriften Deutschlands sowie relevanter internationaler und europäischer Regelungen begutachtet.

Seminare „Richterliche Verhandlungsführung“ und „Förderung von Vergleichen in Zivilprozessen“

Grafik: IRZ
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Nordmazedonien

Am 7. und 9. Dezember 2020 richtete die IRZ gemeinsam mit der „Akademie für die Aus- und Weiterbildung der Richter und Staatsanwälte“ von Nordmazedonien zwei Online-Seminare zu den oben genannten Themen aus.

Beide Veranstaltungen für Richterinnen und Richter aus Nordmazedonien wurden durch die Direktorin der Akademie, Prof. Dr. Natasha Gabler Damjovska, und Projektbereichsleiter Dr. Stefan Pürner eröffnet. Auf die Begrüßung der rund 60 Teilnehmenden folgten jeweils Vorträge zum Thema aus der Sicht beider Länder. Die Referentinnen und Referenten der Seminare waren:

„Richterliche Verhandlungsführung“

  • Keti Germanova, Richterin am Amtsgericht Skopje
  • Daniel Jung, Richter am Landgericht und derzeit Dozent an der Fachhochschule für Rechtspflege NRW

„Förderung von Vergleichen in Zivilprozessen“

  • Katerina Goeorgievska, Richterin am Berufungsgericht Skopje
  • Dr. Ingo Werner, Richter am Oberlandesgericht Köln

Beide Veranstaltungen reflektierten die Rolle der Richterschaft im Zivilrecht. Im Zentrum der Diskussion stand insbesondere die Frage, inwieweit es die jeweiligen Verfahrensordnungen den Richterinnen und Richtern gestatten, aktiv mit den Parteien sowie ihren Vertreterinnen und Vertretern über die Erfolgsaussichten einer Klage zu verhandeln und konkrete Vergleichsvorschläge zu machen.

Art. 307 Absatz 3 der Zivilprozessordnung von Nordmazedonien regelt, dass Richterinnen und Richter während des Verfahrens auf die Möglichkeit eines Vergleichs hinweisen und den Parteien dabei „helfen“ (помогне) müssen, einen solchen abzuschließen. Zu diesem Punkt „helfen“ gab es im Anschluss an die Vorträge kontroverse Diskussionen, da die mazedonischen Teilnehmenden befürchten, als befangen zu gelten, wenn sie mit den Parteien beispielsweise über die Rechtslage sprechen oder konkrete Vorschläge für Vergleiche machen. Hier hat das richterliche Selbstverständnis der Richterschaft oft größeren Einfluss auf die Effektivität von Gerichtsverfahren als die Regelungen des geschriebenen Rechts.

Das richterliche Selbstverständnis der deutschen Rechtspraxis und die positiven Erfahrungen mit richterlichen Hinweisen können hier wichtige Impulse setzen.

Erfahrungsaustausch zu Verfassungsfragen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie

Grafik: IRZ
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Nordmazedonien

Am 8. Oktober 2020 richteten die IRZ und das Verfassungsgericht von Nordmazedonien einen Erfahrungsaustausch zur verfassungsrechtlichen Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie aus.

Die Veranstaltung fand sowohl vor Ort als auch online statt. Die Richterinnen und Richter des Verfassungsgerichts von Nordmazedonien fanden sich unter Beachtung des Hygienekonzepts im Tagungsraum des Verfassungsgerichts ein. Alle übrigen Mitwirkenden und Teilnehmenden, so auch die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gerichts, beteiligten sich online an dem Erfahrungsaustausch.

Zunächst begrüßten Sali Murati, Präsident des Verfassungsgerichts von Nordmazedonien, und Dr. Stefan Pürner von der IRZ die Teilnehmenden. Im Anschluss daran gab die deutsche Botschafterin Anke Holstein in ihren Grußworten der Hoffnung Ausdruck, dass die Beitrittsgespräche zur EU mit Nordmazedonien noch dieses Jahr beginnen werden. Außerdem verwies sie auf die große Bedeutung der IRZ-Tätigkeit in Nordmazedonien auch vor dem Hintergrund, dass die EU das Thema Rechtstaatlichkeit in den Fokus rücke.

Die beiden Referate der Veranstaltung bestritten aus der jeweiligen nationalen Perspektive Sali Murati und Prof. Dr. Udo Steiner, ehemaliger Richter am Bundesverfassungsgericht. Die Referenten gaben einen Überblick über die Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Eindämmung der Pandemie. Übereinstimmend stellten sie fest, dass die Verfassungsgerichte beider Länder die Verhältnismäßigkeitsprüfung in den Mittelpunkt stellen. Dabei räumten diese bei ihren Entscheidungen einen relativ weiten Ermessensspielraum ein, betonten aber gleichzeitig, dass einschränkende Maßnahmen immer in Anbetracht des jeweiligen Infektionsgeschehens angemessen sein müssten. Im Unterschied zu Deutschland würden die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie in Nordmazedonien meist im Wege von Verordnungen mit Gesetzeskraft und nicht durch das Parlament erlassen.

Verfassungsgerichtspräsident Murati verwies darüber hinaus in seinem Vortrag darauf, dass die Herausforderung der Verfassungsgerichtsbarkeit in Zeiten der Pandemie nicht nur darin bestehe, innerhalb kürzester Zeit ein erhöhtes Aufkommen an Fällen von allgemeiner Bedeutung zu entscheiden, sondern auch darin, die Arbeitsfähigkeit des Gerichts überhaupt aufrechtzuerhalten. So habe das Parlament Nordmazedoniens während des Ausnahmezustands die Arbeit eingestellt, wohingegen das Verfassungsgericht durchweg seinen Aufgaben nachkommen sei. Zum Abschluss seines Vortrags betonte Murati die hohe Bedeutung einer aktiven Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Verfassungsgerichte gerade in Krisenzeiten.