Am 26. April 2022 wurde an der Juristischen Fakultät in Sarajevo – nach zwei Jahren Corona-Unterbrechung – der Präsenzunterricht wiederaufgenommen.
Die IRZ wurde durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Stefan Pürner, Bereichsleiter für Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien sowie Serbien, vertreten.
Dieser hielt zur Eröffnung eine Vorlesung über die Entwicklung Zivilgerichtsbarkeit in Deutschland mit besonderem Schwerpunkt auf der Mediation als zunehmend genutzte Möglichkeit alternativer Streitbeilegung.
Zu den Zuhörenden zählten auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sodass auch Aspekte aus der bosnisch-herzegowinischen Praxis Eingang in die Diskussion fanden. Nach dem Vortrag entwickelte sich eine interessante Fragerunde und ein lebhafter Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis.
Mehr als hundert Teilnehmende aus der Richterschaft und der Rechtsanwaltschaft sowie Nachwuchskräfte nahmen am 30. und 31. März 2022 an dem Online-Seminar „Aktuelle Fragen des Sachenrechts“ teil. Im Fokus standen verschiedene Fragen des Immobiliensachenrechts.
Die IRZ richtete die Veranstaltung gemeinsam mit dem Zentrum für die Edukation der Richterschaft und Staatsanwaltschaft der Föderation Bosnien und Herzegowina aus.
Zu den Referierenden zählten
Dr. Larisa Velić, Dekanin der Juristischen Fakultät in Zenica
Landesanwalt Ismet Velić und
Goran Nezirović, Richter am Obersten Gericht der Föderation Bosnien und Herzegowina
Der Praxisbezug dieser Veranstaltung wurde dadurch sichergestellt, dass die Teilnehmenden in der Vorbereitung Fragen aus ihrer eigenen Arbeit einreichen konnten, auf die die Referierenden in ihren Vorträgen eingingen. Darüber hinaus stellten die Teilnehmenden auch während der laufenden Veranstaltungen im Chat Fragen oder kommentierten dort die dargestellten Rechtsansichten.
Im Rahmen der Veranstaltung wurden eine Reihe von rechtlichen Problemen angesprochen, die die Rechtsprechung in Bosnien und Herzegowina teilweise unterschiedlich löst. Hierzu zählen die unzureichende Dokumentation der Rechtsverhältnissse an Grundstücken in der Vergangenheit, die frühere jugoslawische titularlose Eigentumsform des „gesellschaftlichen Eigentums“ sowie Fragen der Sukzession in früheres Staatseigentum im Rahmen der verschiedenen Ebenen des komplizierten Staatsaufbaus in Bosnien und Herzegowina.
Es zeigte sich, dass die häufigen, miteinander nicht abgestimmten Gesetzesänderungen im Bereich des Sachenrechts viele Konkurrenzprobleme aufwerfen. Deshalb verwundert es nicht, dass die Veranstaltung mit einer intensiven Diskussion, bei der auch ausgiebig Gerichtsentscheidungen und Stellungnahmen der wissenschaftlichen Literatur zitiert wurden, zu Ende ging.
In Anbetracht der Fülle an umstrittenen Rechtsfragen und der wirtschaftlichen Bedeutung der Thematik sind weitere Weiterbildungsmaßnahmen in diesem Bereich erforderlich, um die Rechtsprechung zu vereinheitlichen und so die Rechtssicherheit zu erhöhen.
Neu erschienen ist die von der IRZ herausgegebene Übersetzung des deutschen Strafgesetzbuchs in das Bosnisch/Kroatisch/Montenegrinisch/Serbische, zu der der wissenschaftliche Leiter des Instituts für Ostrecht in Regensburg, Prof. Dr. Dres. h.c. Friedrich-Christian Schroeder, die Einleitung verfasst hat.
Das Buch ist Teil einer Reihe von Publikationen mit Übersetzungen deutscher Gesetze in die Sprachen der Partnerstaaten in Südosteuropa, die die Rolle des deutschen Rechts als Orientierungsrecht bei der Rechtstransformation stärken sollen. Dass sie diesen Zweck erfüllen, bestätigte mit Bezug auf die gleichartige Übersetzung des Strafgesetzbuchs in das Mazedonische erst kürzlich der Justizminister von Nordmazedonien, Prof. Dr. Nikola Tupancheski, der selbst Professor für Strafrecht ist und bis zu seinem Amtsantritt Mitglied der dortigen Expertenkommission für die Reform des Strafgesetzbuchs war.
Die Übersetzungen dienen nicht nur zur Information von Expertengruppen, die an den Entwürfen von Reformgesetzen arbeiten, sondern werden auch von rechtsvergleichend arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, grenzüberschreitend tätigen Praktikerinnen und Praktikern und Studierenden genutzt. Außerdem sind sie ein gerne genutztes Hilfsmittel für die Erlernung der deutschen Rechtsterminologie.