Aktuelle Fragen des Sachenrechts

Bosnien und Herzegowina

Mehr als hundert Teilnehmende aus der Richterschaft und der Rechtsanwaltschaft sowie Nachwuchskräfte nahmen am 30. und 31. März 2022 an dem Online-Seminar „Aktuelle Fragen des Sachenrechts“ teil. Im Fokus standen verschiedene Fragen des Immobiliensachenrechts.

Die IRZ richtete die Veranstaltung gemeinsam mit dem Zentrum für die Edukation der Richterschaft und Staatsanwaltschaft der Föderation Bosnien und Herzegowina aus.

Zu den Referierenden zählten

  • Dr. Larisa Velić, Dekanin der Juristischen Fakultät in Zenica
  • Landesanwalt Ismet Velić und
  • Goran Nezirović, Richter am Obersten Gericht der Föderation Bosnien und Herzegowina

Der Praxisbezug dieser Veranstaltung wurde dadurch sichergestellt, dass die Teilnehmenden in der Vorbereitung Fragen aus ihrer eigenen Arbeit einreichen konnten, auf die die Referierenden in ihren Vorträgen eingingen. Darüber hinaus stellten die Teilnehmenden auch während der laufenden Veranstaltungen im Chat Fragen oder kommentierten dort die dargestellten Rechtsansichten.

Im Rahmen der Veranstaltung wurden eine Reihe von rechtlichen Problemen angesprochen, die die Rechtsprechung in Bosnien und Herzegowina teilweise unterschiedlich löst. Hierzu zählen die unzureichende Dokumentation der Rechtsverhältnissse an Grundstücken in der Vergangenheit, die frühere jugoslawische titularlose Eigentumsform des „gesellschaftlichen Eigentums“ sowie Fragen der Sukzession in früheres Staatseigentum im Rahmen der verschiedenen Ebenen des komplizierten Staatsaufbaus in Bosnien und Herzegowina.

Es zeigte sich, dass die häufigen, miteinander nicht abgestimmten Gesetzesänderungen im Bereich des Sachenrechts viele Konkurrenzprobleme aufwerfen. Deshalb verwundert es nicht, dass die Veranstaltung mit einer intensiven Diskussion, bei der auch ausgiebig Gerichtsentscheidungen und Stellungnahmen der wissenschaftlichen Literatur zitiert wurden, zu Ende ging.

In Anbetracht der Fülle an umstrittenen Rechtsfragen und der wirtschaftlichen Bedeutung der Thematik sind weitere Weiterbildungsmaßnahmen in diesem Bereich erforderlich, um die Rechtsprechung zu vereinheitlichen und so die Rechtssicherheit zu erhöhen. 

Übersetzung des deutschen StGB in das Bosnisch/Kroatisch/Montenegrinisch/Serbische erschienen

Südosteuropa

Neu erschienen ist die von der IRZ herausgegebene Übersetzung des deutschen Strafgesetzbuchs in das Bosnisch/Kroatisch/Montenegrinisch/Serbische, zu der der wissenschaftliche Leiter des Instituts für Ostrecht in Regensburg, Prof. Dr. Dres. h.c. Friedrich-Christian Schroeder, die Einleitung verfasst hat.

Das Buch ist Teil einer Reihe von Publikationen mit Übersetzungen deutscher Gesetze in die Sprachen der Partnerstaaten in Südosteuropa, die die Rolle des deutschen Rechts als Orientierungsrecht bei der Rechtstransformation stärken sollen. Dass sie diesen Zweck erfüllen, bestätigte mit Bezug auf die gleichartige Übersetzung des Strafgesetzbuchs in das Mazedonische erst kürzlich der Justizminister von Nordmazedonien, Prof. Dr. Nikola Tupancheski, der selbst Professor für Strafrecht ist und bis zu seinem Amtsantritt Mitglied der dortigen Expertenkommission für die Reform des Strafgesetzbuchs war.

Die Übersetzungen dienen nicht nur zur Information von Expertengruppen, die an den Entwürfen von Reformgesetzen arbeiten, sondern werden auch von rechtsvergleichend arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, grenzüberschreitend tätigen Praktikerinnen und Praktikern und Studierenden genutzt. Außerdem sind sie ein gerne genutztes Hilfsmittel für die Erlernung der deutschen Rechtsterminologie.

Europäischer Verbraucherschutz in der Aus- und Weiterbildung von Richterinnen und Richtern

Der Referent Prof. Dr. Zlatan Meskic während seines Vortrags
Der Referent Prof. Dr. Zlatan Meskic während seines Vortrags
Bosnien und Herzegowina

Aufgrund der beitrittsvorbereitenden Harmonisierung wirkt sich das europäische Recht bereits lange vor dem Beitritt eines Staats zur Europäischen Union (EU) auf das Rechtssystem des jeweiligen Landes aus. Deshalb ist es erforderlich, dass dortige Richterinnen und Richter frühzeitig darüber informiert sind, in welchem Rechtsgebiet „nationale Vorschriften mit europäischem Hintergrund“ zu erwarten sind. Sie sollten die rechtstechnischen Besonderheiten solcher Vorschriften, wozu insbesondere die richtlinienkonforme Auslegung gehört, beherrschen. Ein praktisch sehr bedeutendes Rechtsgebiet ist das Verbraucherrecht – hier können Richterinnen und Richter von solchen Kenntnissen profitieren.

Aus diesem Grund veranstaltete die IRZ am 19. November 2021 gemeinsam mit den Edukationszentren für Richterinnen und Richter beider Entitäten von Bosnien und Herzegowina das Online-Seminar „Die Auswirkungen des Europarechts auf das nationale Recht unter besonderer Berücksichtigung des Verbraucherrechts“. Die Veranstaltung wurde mit Projektfördermitteln des Auswärtigen Amts ermöglich.

Referent war Prof. Dr. Zlatan Meskic von der Universität Zenica in Bosnien und Herzegowina, der seine juristische Ausbildung einschließlich der Gerichtspraxis in Wien, wo er auch zum europäischen Verbraucherrecht promoviert wurde, abschlossen hat. Anschließend lehrte er Europarecht im Rahmen eines Masterstudienganges an der Universität des Saarlandes. Mit diesem Hintergrund behandelte er das Thema unter detaillierter Bezugnahme auf die einschlägigen Rechtsvorschriften und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung in Bosnien und Herzegowina. Dabei wies er ausdrücklich darauf hin, dass das Verbraucherschutzgesetz von Bosnien und Herzegowina an zahlreichen Stellen nicht mit den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften abgestimmt sei. Auch sprach er an, dass das Gesetz Übersetzungsfehler enthielte, die jedoch im Wege der richtlinienkonformen Auslegung zu überwinden seien.

Infolgedessen kam es seitens der annähernd 70 Teilnehmenden aus allen Teilen des Landes bereits während des Vortrags zu zahlreichen Fragen, Kommentaren und Berichten über weitere Rechtsprechung zum Thema. Es fand eine lebendige fachliche Diskussion statt.