Europäischer Verbraucherschutz in der Aus- und Weiterbildung von Richterinnen und Richtern

Der Referent Prof. Dr. Zlatan Meskic während seines Vortrags
Der Referent Prof. Dr. Zlatan Meskic während seines Vortrags
Bosnien und Herzegowina

Aufgrund der beitrittsvorbereitenden Harmonisierung wirkt sich das europäische Recht bereits lange vor dem Beitritt eines Staats zur Europäischen Union (EU) auf das Rechtssystem des jeweiligen Landes aus. Deshalb ist es erforderlich, dass dortige Richterinnen und Richter frühzeitig darüber informiert sind, in welchem Rechtsgebiet „nationale Vorschriften mit europäischem Hintergrund“ zu erwarten sind. Sie sollten die rechtstechnischen Besonderheiten solcher Vorschriften, wozu insbesondere die richtlinienkonforme Auslegung gehört, beherrschen. Ein praktisch sehr bedeutendes Rechtsgebiet ist das Verbraucherrecht – hier können Richterinnen und Richter von solchen Kenntnissen profitieren.

Aus diesem Grund veranstaltete die IRZ am 19. November 2021 gemeinsam mit den Edukationszentren für Richterinnen und Richter beider Entitäten von Bosnien und Herzegowina das Online-Seminar „Die Auswirkungen des Europarechts auf das nationale Recht unter besonderer Berücksichtigung des Verbraucherrechts“. Die Veranstaltung wurde mit Projektfördermitteln des Auswärtigen Amts ermöglich.

Referent war Prof. Dr. Zlatan Meskic von der Universität Zenica in Bosnien und Herzegowina, der seine juristische Ausbildung einschließlich der Gerichtspraxis in Wien, wo er auch zum europäischen Verbraucherrecht promoviert wurde, abschlossen hat. Anschließend lehrte er Europarecht im Rahmen eines Masterstudienganges an der Universität des Saarlandes. Mit diesem Hintergrund behandelte er das Thema unter detaillierter Bezugnahme auf die einschlägigen Rechtsvorschriften und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung in Bosnien und Herzegowina. Dabei wies er ausdrücklich darauf hin, dass das Verbraucherschutzgesetz von Bosnien und Herzegowina an zahlreichen Stellen nicht mit den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften abgestimmt sei. Auch sprach er an, dass das Gesetz Übersetzungsfehler enthielte, die jedoch im Wege der richtlinienkonformen Auslegung zu überwinden seien.

Infolgedessen kam es seitens der annähernd 70 Teilnehmenden aus allen Teilen des Landes bereits während des Vortrags zu zahlreichen Fragen, Kommentaren und Berichten über weitere Rechtsprechung zum Thema. Es fand eine lebendige fachliche Diskussion statt.

Internationale Familienrechtstagung in Mostar

Grafik: IRZ
Grafik: IRZ
Bosnien und Herzegowina

Am 10. Juni 2021 fanden in Mostar bereits zum neunten Mal die „Tage des Familienrechts“ statt. Die von der IRZ gemeinsam mit der juristischen Fakultät der Universität „Džemal Bijedić“ ausgerichtete Veranstaltung war pandemiebedingt auf eine eintägige Online-Veranstaltung verkürzt worden. Die internationale Konferenz wendet sich traditionell an Juristinnen und Juristen aus verschiedenen Nachfolgestaaten Jugoslawiens mit Interesse am Familienrecht. In diesem Jahr ging es um aktuelle Fragen aus der familienrechtlichen Theorie und Praxis. Hintergrund für diese Themenwahl war der Einfluss gesellschaftlicher und sozialer Veränderungen auf das Familienrecht, z.B.:

  • Migration,
  • Abwanderung,
  • Überalterung
  • sinkende Geburtenraten,
  • die wachsende Zahl bi-nationaler Ehen, insbesondere in den eng miteinander verbundenen Westbalkanstaaten, sowie
  • die neuen fortpflanzungsmedizinischen Möglichkeiten.

Die rund 50 Teilnehmenden an der Familienrechtstagung kamen aus beiden Entitäten von Bosnien und Herzegowina sowie aus Kroatien, Serbien und Slowenien. Das Ziel, einen Austausch zwischen Praxis und Wissenschaft zu ermöglichen, wurde erreicht, denn an der Konferenz nahmen teil:

  • Rechtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler,
  • Angehörige der Justiz,
  • Notarinnen und Notare,
  • Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie
  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Behörden.

Nach der Eröffnung durch die Dekanin der Fakultät, Prof. Dr. Alena Huseinbegović, und Dr. Stefan Pürner für die IRZ, sprachen mehr als zwanzig Referentinnen und Referenten zu einem breiten Spektrum an Themen. Als deutsche IRZ-Expertin referierte die kroatisch-stämmige Berliner Anwältin Dr. Karolina Mihaljevic-Schulze, die in der Landessprache insbesondere abstammungsrechtliche Fragen in Regenbogenfamilien aus der Sicht der BGH-Rechtsprechung in den Vordergrund stellte.

Um die Nachhaltigkeit der Veranstaltung zu sichern, werden die Referate der Konferenz im Jahrbuch der Fakultät abgedruckt und außerdem online erhältlich sein.
Die Bedeutung der Konferenz wird auch dadurch deutlich, dass es sich der Minister für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Sport des gastgebenden Kantons Herzegowina-Neretva, Prof. Dr. Rašid Hadžović, nicht nehmen ließ, die Veranstaltung zu eröffnen. In seinem Grußwort hob er ausdrücklich die langjährige fruchtbare Zusammenarbeit der Fakultät mit der IRZ hervor.

Erfreulich war auch das positive Medienecho: Mostar bio domaćin konferencije ''Dani obiteljskog prava''

Fortbildung für Richterinnen und Richter zu wirtschaftsrelevanten Themen

Grafik: IRZ
Grafik: IRZ
Bosnien und Herzegowina

Um eine ganze Reihe auch für die Wirtschaft wichtiger Rechtsfragen ging es im Rahmen eines zweitägigen Online-Seminars am 6. und 7. Mai 2021. Ausgerichtet wurde die Veranstaltung durch das Richteredukationszentrum der Föderation Bosnien und Herzegowina sowie die IRZ. An ihr nahmen rund 100 Richterinnen und Richter aus allen Landesteilen teil.

Hintergrund ist die Implementierung des 2013 erlassenen Sachenrechtsgesetzes, durch das zahlreiche noch aus dem Sozialismus stammende Rechtsinstitute ersetzt wurden. Die neuen Rechtsinstitute wurden teilweise nach deutschem und österreichischem Vorbild ausgestaltet, z.B. das Wohnungseigentum und die Grundschuld.

Referenten des Seminars waren die Professorin Dr. Meliha Povlakić und die Dozentin Dr. Darija Softić Kadenić. Beide haben nicht nur zahlreiche Forschungsaufenthalte im deutschsprachigen Raum absolviert, sondern sind auch rechtsberatend und gutachterlich tätig. Professorin Povlakić hat darüber hinaus während eines mehrjährigen Deutschlandaufenthalts in einem Notariat in München gearbeitet, während Dr. Softić Kadenić einen Magisterstudiengang an der Juristischen Fakultät in Graz absolviert hat.

Wegen des thematischen Zusammenhangs kamen zusätzlich zu den sachenrechtlichen Fragen zum Wohnungseigentum und zur Funktion des Grundbuchs auch Fragen der Kreditsicherung zur Sprache.

Da die Referentinnen neben rechtsvergleichenden Erfahrungen Urteile aus der nationalen Praxis einbrachten, bot die Veranstaltung Gelegenheit zum Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Dieser Austausch von Meinungen und Materialien wurde nach der Veranstaltung von einigen Teilenehmenden per E-Mail fortgesetzt.

Die Relevanz der behandelten Themen wurde auch durch die regen Diskussionen aller Beteiligten belegt.