Am 29. Juni 2022 fand das Online-Seminar „Kollisionsrechtliche Fragen des Status-, Familien- und Erbrechts“ statt, welches die IRZ und das Edukationszentrum für die Richter- und Staatsanwaltschaft der Föderation Bosnien und Herzegowina gemeinsam veranstalteten.
Als Referenten konnten die Veranstalter drei Fachleute aus Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Serbien gewinnen, die durch einschlägige Veröffentlichungen und Forschungsaufenthalte bei verschiedenen Institutionen in Deutschland über hervorragende Expertise verfügen.
Das Seminar eröffnete Prof. Dr. Zlatan Meskić von der Juristischen Fakultät Zenica, Bosnien und Herzegowina, der – zusammen mit dem nachfolgenden Referenten Prof. Dr. Slavko Djordjević von der Juristischen Fakultät Kragujevać, Serbien – Autor eines als bosnisch-herzegowinisch-serbisches Gemeinschaftsprojekts erschienenen Lehrbuchs des Internationalen Privatrechts (IPR) ist. Das dritte Referat hielt Prof. Dr. Maya Kostić Mandić von der Juristischen Fakultät der Universität Podgorica in Montenegro, die ebenfalls Autorin eines Lehrbuchs zum IPR ist.
Aufgrund der vielfältigen grenzüberschreitenden persönlichen Beziehungen, die typisch sind für die Region des ehemaligen Jugoslawiens, spielt das Internationale Privatrecht im Familien- und Erbrecht eine bedeutende Rolle. In Bosnien und Herzegowina stellen sich auch innerstaatliche Konkurrenzprobleme der geltenden Rechtssysteme. So kennt das Erbrecht der Föderation Bosnien und Herzegowina Erbverträge, während nach dem Recht der Republika Srpska als zweite Entität solche nichtig sind. Entscheidungen mit weitreichender Bedeutung für die Betroffenen hängen deshalb häufig von der "technischen" Frage des anwendbaren Rechts ab. Im Rahmen der Diskussionen sind die Teilnehmenden auch auf diese Problematiken eingegangen.
Unterschiede zwischen den drei beteiligten Staaten gibt es hinsichtlich des Stands der Rechtstransformation: Während in Bosnien und Herzegowina sowie Serbien nach wie vor das frühere gesamtjugoslawische IPR-Gesetz gilt, verfügt Montenegro bereits über ein neues Gesetz, das die vereinheitlichten kollisionsrechtlichen Verordnungen der EU in nationales Recht integriert. Der Vortrag zu Montenegro gewährte deshalb – aus Sicht der bosnisch-herzegowinischen Teilnehmenden – einen ersten Einblick auf Änderungen, die künftig im eigenen Rechtssystem zu erwarten sind.
Rechtsanwalt Dr. Stefan Pürner Bosnien und Herzegowina
Am 26. April 2022 wurde an der Juristischen Fakultät in Sarajevo – nach zwei Jahren Corona-Unterbrechung – der Präsenzunterricht wiederaufgenommen.
Die IRZ wurde durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Stefan Pürner, Bereichsleiter für Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien sowie Serbien, vertreten.
Dieser hielt zur Eröffnung eine Vorlesung über die Entwicklung Zivilgerichtsbarkeit in Deutschland mit besonderem Schwerpunkt auf der Mediation als zunehmend genutzte Möglichkeit alternativer Streitbeilegung.
Zu den Zuhörenden zählten auch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sodass auch Aspekte aus der bosnisch-herzegowinischen Praxis Eingang in die Diskussion fanden. Nach dem Vortrag entwickelte sich eine interessante Fragerunde und ein lebhafter Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis.
Mehr als hundert Teilnehmende aus der Richterschaft und der Rechtsanwaltschaft sowie Nachwuchskräfte nahmen am 30. und 31. März 2022 an dem Online-Seminar „Aktuelle Fragen des Sachenrechts“ teil. Im Fokus standen verschiedene Fragen des Immobiliensachenrechts.
Die IRZ richtete die Veranstaltung gemeinsam mit dem Zentrum für die Edukation der Richterschaft und Staatsanwaltschaft der Föderation Bosnien und Herzegowina aus.
Zu den Referierenden zählten
Dr. Larisa Velić, Dekanin der Juristischen Fakultät in Zenica
Landesanwalt Ismet Velić und
Goran Nezirović, Richter am Obersten Gericht der Föderation Bosnien und Herzegowina
Der Praxisbezug dieser Veranstaltung wurde dadurch sichergestellt, dass die Teilnehmenden in der Vorbereitung Fragen aus ihrer eigenen Arbeit einreichen konnten, auf die die Referierenden in ihren Vorträgen eingingen. Darüber hinaus stellten die Teilnehmenden auch während der laufenden Veranstaltungen im Chat Fragen oder kommentierten dort die dargestellten Rechtsansichten.
Im Rahmen der Veranstaltung wurden eine Reihe von rechtlichen Problemen angesprochen, die die Rechtsprechung in Bosnien und Herzegowina teilweise unterschiedlich löst. Hierzu zählen die unzureichende Dokumentation der Rechtsverhältnissse an Grundstücken in der Vergangenheit, die frühere jugoslawische titularlose Eigentumsform des „gesellschaftlichen Eigentums“ sowie Fragen der Sukzession in früheres Staatseigentum im Rahmen der verschiedenen Ebenen des komplizierten Staatsaufbaus in Bosnien und Herzegowina.
Es zeigte sich, dass die häufigen, miteinander nicht abgestimmten Gesetzesänderungen im Bereich des Sachenrechts viele Konkurrenzprobleme aufwerfen. Deshalb verwundert es nicht, dass die Veranstaltung mit einer intensiven Diskussion, bei der auch ausgiebig Gerichtsentscheidungen und Stellungnahmen der wissenschaftlichen Literatur zitiert wurden, zu Ende ging.
In Anbetracht der Fülle an umstrittenen Rechtsfragen und der wirtschaftlichen Bedeutung der Thematik sind weitere Weiterbildungsmaßnahmen in diesem Bereich erforderlich, um die Rechtsprechung zu vereinheitlichen und so die Rechtssicherheit zu erhöhen.