Seminar „Gerichtliche Kommunikation und Gerichtsverwaltung“ in Tunis

Tunesien

Am 14. Juli 2022 führte die IRZ in Kooperation mit dem tunesischen Justizministerium ein Seminar zum Thema „Gerichtliche Kommunikation und Gerichtsverwaltung“ in Tunis durch. Mit dieser Maßnahme orientierte sich die IRZ an der aktuellen Reformstrategie der tunesischen Justiz, die unter anderem der Modernisierung der Justiz(-verwaltung) und damit auch einer Effizienzsteigerung innerhalb der Justiz eine hohe Priorität einräumt. Die Veranstaltung ist Bestandteil der Gemeinsamen Absichtserklärung über ein Arbeitsprogramm der Zusammenarbeit 2022 zwischen dem Bundesministerium der Justiz und dem Justizministerium der Republik Tunesien.

Von deutscher Seite wirkte Herr Christian Schmitz-Justen, Vizepräsident des Oberlandesgerichts (OLG) Köln, mit und von tunesischer Seite Herr Hassen Miaadi, Leiter für die Kommunikation und offizieller Sprecher der tunesischen Eisenbahngesellschaft. Rund 30 Mitarbeitende der Verwaltung verschiedener Gerichte aus der Region Tunis tauschten sich mit den zwei Experten über Aspekte der internen und externen Kommunikation an Gerichten aus.

Die gerichtsinterne Kommunikation dient einer reibungslosen Verwaltung und Pflege der Kommunikationskanäle sowie zwischen der Richterschaft und des nicht-richterlichen Personals. Gerichtsextern muss die Kommunikation mit anderen Verwaltungsbehörden und anderen Akteuren der Justiz reibungslos funktionieren. Letzteres spielt eine bedeutende Rolle zur Beschleunigung von Verfahren und Arbeitsprozessen der Gerichte. Des Weiteren ist zur effizienten Arbeitsweise der Gerichte auch ein korrekt ermittelter Personalbedarf entscheidend.  

Während der tunesische Experte zu kommunikationswissenschaftlichen Grundlagen referierte, ergänzte der deutsche Experte den theoretischen Part mit zahlreichen Praxisbeispielen aus dem OLG Köln. Die Teilnehmenden erfuhren mehr über konkrete Maßnahmen, die zur Verbesserung der Kommunikation innerhalb der Justiz umgesetzt wurden, und erhielten so einen anschaulichen Blick in die deutsche Erfahrung am Beispiel des OLG Köln.

Insgesamt war das eintägige Seminar von intensiven Diskussionen und einem lebhaften Austausch geprägt. Die sehr aktive Beteiligung der Teilnehmenden verdeutlichte das große Interesse an dem Erfahrungsaustausch zwischen deutschen und tunesischen Kolleginnen und Kollegen. Es ist angedacht, im Herbst 2022 eine weitere Veranstaltung zu diesem Thema unter Einbindung weiterer Gerichte in einer anderen Region in Tunesien durchzuführen.

Konferenz „Recht und Digitalisierung“ in Tunis

Eröffnung der Konferenz. Auf dem Podium (v.l.n.r.): Hatem Rouatbi, Leiter der Forschungsstelle für Streitbeilegung und Vollstreckungsmethoden an der Rechts- und Politikwissenschaftlichen Fakultät Tunis El Manar; Mustafa Ben Letaief, Dekan der Rechts- und Politikwissenschaftlichen Fakultät Tunis El Manar; Mohamed Abidi, Leiter des Projektbereichs Afrika der IRZ (Bild: IRZ)
Eröffnung der Konferenz. Auf dem Podium (v.l.n.r.): Hatem Rouatbi, Leiter der Forschungsstelle für Streitbeilegung und Vollstreckungsmethoden an der Rechts- und Politikwissenschaftlichen Fakultät Tunis El Manar; Mustafa Ben Letaief, Dekan der Rechts- und Politikwissenschaftlichen Fakultät Tunis El Manar; Mohamed Abidi, Leiter des Projektbereichs Afrika der IRZ (Bild: IRZ)
Tunesien

„Recht und Digitalisierung“ war das Thema der Konferenz, welche die IRZ am 4. und 5. März 2022 gemeinsam mit der Forschungsstelle für Streitbeilegung und Vollstreckungsmethoden der Rechts- und Politikwissenschaftlichen Fakultät der Universität Tunis El Manar in Tunis veranstaltete.

An der Konferenz im Hybridformat beteiligte sich für die IRZ Dr. Lars Bierschenk, Richter am Landgericht Bonn, vormals abgeordnet zum Zentralen IT-Dienstleister der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen (ITD). Insgesamt waren rund 200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei.

Aus Tunesien nahmen folgende Expertinnen und Experten teil:

  • Hatem Rouatbi, Leiter der Forschungsstelle für Streitbeilegung und Vollstreckungsmethoden an der Rechts- und Politikwissenschaftlichen Fakultät
  • Chawki Gaddes, Präsident der Nationalen Instanz zum Schutz personenbezogener Daten (INPDP)
  • Kamel Rezgui, Dozent an der Hochschule für Kommunikation in Tunis und Rechtsanwalt beim Kassationsgerichtshof
  • Badii Ben Abbes, Zivilrichter dritten Grades, Sfax
  • Kaouther Selmi, Geschäftsführerin „SIMARL“ (Rechtsdienstleister im Bereich der alternativen Streibeilegung)
  • Mélanie Clément-Fontaine, Professorin an der Universität Paris-Saclay
  • Valérie Laure Benabou, Professorin an der Universität Paris-Saclay
  • Khaylan Ben Abdessalem, Doktorandin und Mitglied der die Forschungsstelle für Streitbeilegung und Vollstreckungsmethoden

Während der Konferenz wurden u.a. folgende Themenbereiche behandelt:

  • Digitalisierung und Datensicherheit
  • Online-Wahlen und E-Demokratie
  • Algorithmisierung des Rechts und Digitalisierung der Justizdienste
  • Digitalisierung und Zivilstreitigkeiten
  • Auswirkungen der Digitalisierung auf das Vertragsrecht
  • Elektronischer Rechtsverkehr in Deutschland

Gerade im Justizwesen ist die Digitalisierung ein aktuelles Thema, das als Chance mit vielen Hindernissen thematisiert wird. In diesem Kontext setzte die Konferenz den Schwerpunkt auf rechtliche Aspekte und Methoden der Digitalisierung mit Bezug auf die Rechtssysteme in Tunesien, Deutschland und Frankreich. Die Diskussionen thematisierten auch die besonderen Herausforderungen der Digitalisierung im Bereich der Justiz, die rechtlichen Auswirkungen des digitalen Wandels und die Frage, inwiefern das Rechtssystem mit der Digitalisierung Schritt halten kann. Einigkeit herrschte darüber, dass die Digitalisierung mittlerweile eine zentrale Herausforderung ist, die durch das Recht begleitet werden muss.

Zu dieser Thematik plant die IRZ weitere vertiefende Veranstaltungen im Jahr 2022.

Workshop „Vollzugsplan, Vorbereitung auf die Entlassung und Wiedereingliederung“

Eröffnung des Workshops (v.r.n.l.): Imed Derouiche, Generalstaatsanwalt und Direktor der Justiz im tunesischen Justizministerium; Cherif Snoussi, Generaldirektor der tunesischen Strafvollzugsbehörde; Mohamed Abidi, Leiter des Projektbereichs Afrika der IRZ (Bild: IRZ)
Eröffnung des Workshops (v.r.n.l.): Imed Derouiche, Generalstaatsanwalt und Direktor der Justiz im tunesischen Justizministerium; Cherif Snoussi, Generaldirektor der tunesischen Strafvollzugsbehörde; Mohamed Abidi, Leiter des Projektbereichs Afrika der IRZ (Bild: IRZ)
Tunesien

Gemeinsam mit dem tunesischen Justizministerium und der tunesischen Strafvollzugsbehörde (Comité Général des Prisons et de la Rééducation/CGPR) veranstaltete die IRZ vom 8. bis 9. März 2022 einen Workshop in Tunis im Präsenzformat zur Thematik „Vollzugsplan, Vorbereitung auf die Entlassung und Wiedereingliederung“.

Der Workshop war konzipiert als Erfahrungsaustausch zu möglichen Verfahrensweisen zur Erstellung individueller Vollzugspläne, zur Festlegung individueller Therapieprogramme für Haftinsassen, zur Vorbereitung von Häftlingen auf die Entlassung (Übergangsmanagement) und zur Methodik einer erfolgreichen Wiedereingliederung Haftentlassener.

Die tunesischen Partner waren hochrangig repräsentiert durch Herrn Imed Derouiche, Generalstaatsanwalt und Direktor der Justiz im tunesischen Justizministerium sowie Herrn Cherif Snoussi, Generaldirektor der tunesischen Strafvollzugsbehörde.

Entsprechend der Thematik des Workshops waren auf tunesischer Seite die Berufsgruppen vertreten, die an der Vollzugsplanung, der Vorbereitung von Häftlingen auf die Entlassung und an der Wiedereingliederung Haftentlassener beteiligt sind. Neben Angehörigen der Strafvollzugsbehörde und des Vollzugsdienstes nahmen auch Teilnehmende der Strafvollstreckungsrichterschaft und Anwaltschaft sowie Soziologen und Soziologinnen, Psychologen und Psychologinnen sowie Vertreter und Vertreterinnen des Justizministeriums teil.

Von deutscher Seite wirkten folgende Experten mit:

  • Kai Abraham, Vollzugsleiter der Justizvollzugsanstalt für Frauen, Berlin
  • Pascal Décarpes, Kriminologe und internationaler Berater der Europäischen Union im Bereich Strafvollzug und Resozialisierung

Die tunesischen Partnerinstitutionen waren durch folgende Experten vertreten:

  • Mounir Ben Nsir, Generalberater, Strafvollzugsbehörde
  • Tarek Elfanni, Generalberater, Strafvollzugsbehörde
  • Issemeddine El Amine, Generalberater, Strafvollzugsbehörde
  • Mohamed Miled, Generalberater, Strafvollzugsbehörde

Seit 2014 unterliegt die Straf- und Strafvollzugsgesetzgebung in Tunesien einer grundsätzlichen und umfassenden Reform. Im Bereich des Strafvollzugs liegt hier der Fokus auf der Verbesserung der Haftbedingungen, Implementierung internationaler Menschenrechtsstandards und Stärkung der Resozialisierungsmaßnahmen für entlassene Straftäter. Eine erfolgreiche Wiedereingliederung Haftentlassener soll zur Reduzierung der Rückfallquote beitragen und damit der stetig wachsenden Überbelegung der Haftanstalten in Tunesien entgegenwirken.

Zu diesem Reformprozess, der langfristig auf eine Humanisierung des Strafvollzugswesens abzielt, leistet die IRZ mit ihren Beratungen einen Beitrag.