In Zusammenarbeit mit USAID und dem jordanischen Justizrat führte die IRZ vom 22. bis 26. April 2024 eine Studienreise zum Thema "Erfahrungsaustausch zu Revisionsverfahren und Digitalisierung der Justiz" durch – geleitet von Seiner Exzellenz Richter Mohammad Al Ghazo, Präsident des jordanischen Kassationsgerichts und Präsident des jordanischen Justizrates.
Die Delegation besuchte das Ministerium der Justiz und für Migration Baden-Württemberg sowie unter anderem den Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht, wo über die aktuellen Initiativen und Herausforderungen im Bereich der Justizverwaltung sowie die Vollstreckung und Anwendung von alternativen Strafsanktionen diskutiert wurde.
Die Teilnehmenden der Delegation sowie die Vertreterinnen und Vertreter der Gerichte und des Ministeriums berichteten über ihre Erfahrungen mit den rechtlichen Rahmenbedingungen der Revisionsverfahren, den Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung im Justizwesen sowie der praktischen Umsetzung von digitalen Prozessen und Technologien. Die Vielfalt der Sachverhalte und Rechtsfragen verdeutlichten die Komplexität der Themen sowie die damit verbundenen Chancen und Herausforderungen für die Justiz.
Die Studienreise war ein bedeutender Schritt in Richtung eines effizienten und modernen Justizsystems und trug dazu bei, die Zusammenarbeit und den bilateralen Erfahrungsaustausch zwischen den beteiligten Institutionen zu stärken.
Mit der Durchführung des letzten Arbeitsgruppentreffens fand das vom Auswärtigen Amt geförderte Projekt „Förderung der Rechtssicherheit: Unterstützung strafrechtlicher Reformen in Jordanien (2020-2023)“ am 5. und 6. Dezember 2023 in Amman seinen Abschluss.
Der Fokus des ersten Seminartags lag auf den Digitalisierungsbestrebungen der jordanischen Justiz zur Steigerung der Effizienz des jordanischen Strafverfahrens.
Elektronische Strafakte, künstliche Intelligenz
Die deutsche Arbeitsgruppe des Projekts stellte die Bemühungen der Justiz zur Digitalisierung ihrer Ermittlungsarbeit und dessen praktische Umsetzung in Deutschland vor. Schwerpunkte bildeten hierbei die elektronische Strafakte und die Anwendung künstlicher Intelligenz. Diskutiert wurde wie Letztere im Strafverfahren eingesetzt werden kann, um eine Effizienzsteigerung im Bereich der Gerichtsverfahren zu erreichen, etwa im Falle von Sammelklagen mit ähnlichen bzw. gleichen Sachverhalten.
Digitale Dokumentation im Strafverfahren
Die Vortragenden thematisierten auch die digitale Dokumentation der strafgerichtlichen Hauptverhandlung sowie aktuelle Entwicklungen des deutschen Entwurfs eines Hauptverhandlungsdokumentationsgesetzes.
System „Mizan“
Die jordanischen Referenten stellten den aktuellen Stand der Digitalisierung ihres Strafrechtsverfahrens vor und erläuterten das System „Mizan“. Hierbei handelt es sich um eine digitale Plattform mit der Justizangehörige arbeiten können und die das Gerichtsverfahren beschleunigen soll.
Prüfung der Projektergebnisse
Der zweite Tag des Arbeitsgruppentreffens war der Evaluation der Projektumsetzung seit 2020 gewidmet. Die abschließenden Empfehlungen der deutschen Experten erfolgten auf rechtsvergleichender Basis internationaler Standards und unter Berücksichtigung der von den jordanischen Kooperationspartnern und Teilnehmenden formulierten Bedürfnisse.
Der Umgang mit minderjährigen Inhaftierten und der Aufbau eines effektiven Vollzugsplansystems waren die Themen eines Seminars, welches die IRZ gemeinsam mit der jordanischen Direktion für öffentliche Sicherheit am 6. November 2023 in Amman veranstaltete. Das Bundesministerium der Justiz finanzierte die Veranstaltung im Rahmen der institutionellen Förderung.
Die jordanischen Experten referierten unter anderem über die Themen „Strafen im jordanischen Jugendstrafrecht“ sowie „Transfer von Personen aus dem Jugend- in den Erwachsenenvollzug“. In Jordanien gibt es spezielle Gerichte, Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte für Jugendliche. Bei einer Bewährungsstrafe muss dem Gericht alle drei Monate ein Bericht vorgelegt werden. Ein besonderer Fokus liegt im jordanischen Jugendstrafrecht auf der Schlichtung zur Konfliktbeilegung. Auch auf diese Aspekte gingen die Referierenden ein. Das deutsche Expertenteam stellte die Jugendstrafen nach deutschem Jugendgerichtsgesetz vor und ging auf den Transfer von Personen aus dem Jugend- in den Erwachsenenvollzug in Deutschland ein. Die deutschen Referierenden stellten außerdem die Strukturierung und Erstellung eines Vollzugs- und Eingliederungsplans im Rahmen des Jugendstrafvollzugs sowie die Funktion der Jugendgerichts- und Bewährungshilfe in Deutschland vor.
Die Teilnehmenden diskutierten den Umgang der Bewährungshilfe mit gewaltbereiten und/oder suchtkranken Jugendlichen sowie die Unterschiede, die sich aus der Altersgrenze des Jugendstrafvollzugs nach deutschem bzw. jordanischem Recht ergeben und tauschten sich zugleich über die Gemeinsamkeiten aus. Hierzu zählen der erzieherische Schwerpunkt und die Wichtigkeit der Reintegration in die Gesellschaft. Beide Aspekte haben sowohl im jordanischen als auch im deutschen Jugendstrafvollzug einen hohen Stellenwert.