Die Effizienzsteigerung im Strafverfahren stand im Fokus einer Studienreise, welche die IRZ in Kooperation mit dem jordanischen Justizministerium und dem jordanischen Justizrat durchführte. Die Teilnehmenden gewannen dadurch einen vertieften Einblick in das deutsche Strafverfahren. Die Reise ist Teil des vom Auswärtigen Amt geförderten Projekts „Förderung der Rechtssicherheit: Unterstützung strafrechtlicher Reformen in Jordanien (2020-2023)“.
Die jordanische Delegation – bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern des jordanischen Justizministeriums, des Justizrats und der Direktion für nationale Sicherheit und geleitet durch Seine Exzellenz den Generalsekretär des jordanischen Justizministeriums Dr. Saad Al Louzi – reiste vom 18. bis 22. September 2023 nach Berlin und besuchte verschiedene deutsche Justizinstitutionen und Justizbehörden. Begrüßt wurde sie am Ankunftstag von einem Vertreter der jordanischen Botschaft in Berlin und der IRZ-Hauptgeschäftsführerin Dr. Frauke Bachler.
Im Bundesministerium der Justiz empfing Herr Unterabteilungsleiter Dr. Sebastian Jeckel die Delegation. Referentinnen des Referats RB2 für Strafverfahren gaben einen Einblick in aktuelle umfassende Reformprozesse der Strafjustiz insbesondere im Bereich der Digitalisierung.
Die Teilnehmenden besuchten auch das Amtsgericht Tiergarten und erhielten Informationen zu den Themen „Gerichtsaufbau“, „Verfahrensablauf“, „Spezialisierung der Strafrichter“ und tauschten sich über die gegenwärtigen Herausforderungen an Strafgerichten aus.
Ein Besuch der sozialen Dienste der Justiz der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz rundete das Programm ab. Hier stand der Austausch über die Gerichts- und Bewährungshilfe im Fokus. Das Thema der alternativen Strafen war für die jordanische Delegation von besonderem Interesse, da gegenwärtig auch in Jordanien Strafalternativen zur Entlastung der Gefängnisse verstärkt eingesetzt werden sollen. Ergänzend dazu gab der Besuch der Justizvollzugsanstalt Moabit einen Einblick in die Ausgestaltung der Untersuchungshaft und den Umgang mit Überbelastung. Zudem hatte die Delegation die Möglichkeit sich von den Gefängniszellen, dem Hof und den Gemeinschaftsräumen ein Bild zu machen.
Die Studienreise fand ihren Abschluss mit einem Fachgespräch über die Arbeitsweise und Aufgabenbereiche der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK). Die BRAK erläuterte in diesem Zusammenhang die Kompetenzen eines Straf- und Pflichtverteidigers.
Im Laufe des Jahres werden weitere zwei Maßnahmen an den behandelten Inhalten der Studienreise anknüpfen.
Die IRZ dankt den deutschen Institutionen und Behörden für den freundlichen und lehrreichen Empfang sowie den Delegationsteilnehmenden für den zielführenden Austausch und die erfolgreiche Zusammenarbeit und freut sich auf die weiteren Seminare.
Im Rahmen des Projekts „Effizienzsteigerung im Strafverfahren“, welches die IRZ in Kooperation mit dem jordanischen Justizministerium und dem jordanischen Justizrat umsetzt, fand am 4. und 5. Juli 2023 das zweitägige Training of Trainers zum Thema „Das Ermittlungsverfahren und dessen Besonderheiten in Menschenhandels- und Geldwäschefällen“ in Amman statt. Das Seminar ist Teil des vom Auswärtigen Amt geförderten Projektes „Förderung der Rechtssicherheit: Unterstützung strafrechtlicher Reformen in Jordanien (2020-2023)“.
Jordanien verfolgt bis 2026 einen strategischen Plan der unter anderem ein transparentes und effizienteres Strafgerichtsverfahren zum Ziel hat. Herr Qais Al-Ghazawi, Richter am Gericht Zarqa, betonte daher in seiner Begrüßung das große Interesse der jordanischen Partner und die Wichtigkeit der gemeinsamen Zusammenarbeit.
Der Fokus des zweitätigen Training of Trainers lag am ersten Tag auf den Besonderheiten des Ermittlungsverfahrens in Menschenhandelsfällen. Richter Dr. Thaer Nassar, Staatsanwalt in Amman, gab einen Einblick in die Ausgestaltung und das Vorgehen des Ermittlungsverfahrens in Jordanien. Dabei ging er auf die Ausgestaltung der Zusammenarbeit zwischen Staatsanwaltschaft, Gerichtspolizei und der Direktion für öffentliche Sicherheit besonders ein. Gunnar Schenk, Kriminalhauptkommissar des Landeskriminalamts Berlin (LKA) und stellvertretender Leiter für die Bearbeitung und Bekämpfung von Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung zum Nachteil Minderjähriger, gab einen Einblick in die deutsche Ausgestaltung des Ermittlungsverfahrens und das Vorgehen bei solchen Fällen. In seinem Vortrag stellte er deutsche Best-Practice-Modelle im Ermittlungsverfahren von Menschenhandelsfällen anhand von Fallbeispielen vor. Jordanien und Deutschland stehen vor ähnlichen Herausforderungen bei der Bekämpfung von Menschenhandel. Der größte Unterschied jedoch liegt in der Vorgehensweise im Ermittlungsverfahren, da die Ausgestaltung in Deutschland einen Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft setzt, wobei die Polizei auf Verdacht hin die Kompetenz hat Ermittlungen zu beginnen. In Jordanien hingegen sieht die Strafprozessordnung keine Eigeninitiative bei Ermittlungen der Polizei vor, da diese Kompetenz bei der Staatsanwaltschaft liegt.
Der zweite Tag behandelte die Ausgestaltung und die Vorgehensweise im Ermittlungsverfahren bei Korruption und Geldwäschefällen. Dr. Peter Schneiderhan, Rechtsanwalt und Oberstaatsanwalt a.D., gab einen Einblick in die staatsanwaltliche Praxis, Dr. Thaer Nassar ging anhand von aktuellen Fallbeispielen auf die gegenwärtigen Schwierigkeiten der Strafverfolgung ein. So gelang ein gewinnbringender Austausch, da zielgerichtet von Erfahrungen über ähnliche Herausforderungen berichtet werden konnte.
An die Veranstaltung werden im Laufe des Jahres weitere Maßnahmen anknüpfen, so beispielsweise eine Delegationsreise nach Berlin und ein weiterer Erfahrungsaustausch der an die Fragen und Herausforderungen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens des Training of Trainers anknüpft.
Die IRZ dankt den Experten und Teilnehmenden des jordanischen Justizrats für den zielführenden Erfahrungsaustausch, die erfolgreiche Zusammenarbeit und freut sich auf die weiteren Seminare.
Die IRZ realisierte im Rahmen der Zuwendungen des Bundesministeriums der Justiz und in Kooperation mit dem jordanischen Justizministerium einen Erfahrungsaustausch zum Thema „Erstellung von Gesetzentwürfen / Gesetzgebungstechnik“ am 9. Mai 2023 in Amman.
Gemeinsames Ziel der Veranstaltung ist die Optimierung und Effizienzsteigerung von Verfahrensabläufen in der jordanischen Justiz und richtet sich an die am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Akteure in Jordanien.
Dr. Rania Diab Muhammad Al-Rawahleh, Rechtswissenschaftlerin sowie Dr. Michael Erwin Fuchs, Lehrbeauftragter und Ministerialrat a.D. erläuterten die einzelnen Phasen und den Ablauf des jordanischen bzw. deutschen Gesetzgebungsverfahrens. Sie gingen in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit der Gesetzesfolgenabschätzung ein und sprachen über die Anforderungen an moderne gesetzgebungsfachliche Standards. Dr. Fuchs wies zudem auf unterschiedliche Gesetzgebungskompetenzen auf Bundes- und Landesebene als Ausfluss des föderalistischen Systems in Deutschland hin.
Verwaltungsverfahren und dessen Entscheidungsprozesse
Am 11. Mai 2023 fand eine weitere Veranstaltung zum Thema „Verwaltungsverfahren und dessen Entscheidungsprozesse“ in Amman statt, welche die IRZ in Kooperation mit dem jordanischen Justizrat und der jordanischen Justizakademie realisierte. Der im Rahmen der institutionellen Zuwendung durch das Bundesministerium der Justiz geförderte Erfahrungsaustausch richtete sich an hochrangige jordanische Richterinnen und Richter im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit und leistet einen Beitrag zur Qualitätssteigerung der Rechtsprechung der jordanischen Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Über die Arten, Aufbau und Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens berichtete Dr. Hisham Mufdi Salem Al-Majali, Richter am Verwaltungsgericht.
Herr Stefan Schulte, Richter am Verwaltungsgericht Arnsberg, gab im Auftrag der IRZ einen Einblick in die deutsche Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens. Er zeigte die Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts, die Verwaltungsarten und den Aufbau des allgemeinen (nichtöffentlichen) Verwaltungsverfahrens auf.
Im zweiten Teil der Veranstaltung erläuterte Herr Schulte Arten von Entscheidungen im Verwaltungsverfahren, hier insbesondere den Verwaltungsakt und dessen Rechtsfolgen sowie die Allgemeinverfügung.
Der Präsident des jordanischen Verwaltungsgerichts, Dr. Ali Rashid Hamid Abu Hajila rundete den Erfahrungsaustausch mit einem Einblick in die jordanische Regelung des Verwaltungsakts und in das jordanische Verwaltungsprozessrecht ab.