Besuch des jordanischen Justizministeriums durch Frau Staatssekretärin Dr. Schlunck

Besuch des jordanischen Justizministeriums durch Frau StS Dr. Schlunk am 14. Februar 2023 in Amman (v.l.n.r): Herr Dr. Saad Al-Lawzi (Generalsekretär des jordanischen Justizministeriums), Frau Khuloud Al-Abadi (Generalsekretärin für Verwaltungs- und Finanzangelegenheiten des jordanischen Justizministeriums), Staatssekretärin Frau Dr. Schlunk, Herr Dr. Ahmed Al-Zayadat (Jordanischer Justizminister), Herr Dr. Florian Reindel (Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Amman), Frau Dr. Bachler (Hauptgeschäftsführerin der IRZ), Herr Sidi Khairy (Projektbereichsleiter Naher Osten der IRZ).
Besuch des jordanischen Justizministeriums durch Frau StS Dr. Schlunk am 14. Februar 2023 in Amman (v.l.n.r): Herr Dr. Saad Al-Lawzi (Generalsekretär des jordanischen Justizministeriums), Frau Khuloud Al-Abadi (Generalsekretärin für Verwaltungs- und Finanzangelegenheiten des jordanischen Justizministeriums), Staatssekretärin Frau Dr. Schlunk, Herr Dr. Ahmed Al-Zayadat (Jordanischer Justizminister), Herr Dr. Florian Reindel (Geschäftsträger der deutschen Botschaft in Amman), Frau Dr. Bachler (Hauptgeschäftsführerin der IRZ), Herr Sidi Khairy (Projektbereichsleiter Naher Osten der IRZ).
Jordanien

2022 schlossen das jordanische Justizministerium und das Bundesministerium der Justiz eine Absichtserklärung. Um die darin vereinbarten Themen mit Leben zu erfüllen und die rechtliche Zusammenarbeit mit Jordanien zu konsolidieren und zu stärken, fand am 14. Februar 2023 ein offizieller Besuch einer deutschen Delegation in Jordanien statt.

Der jordanische Justizminister Dr. Ahmed Al-Zayadat und der Generalsekretär des jordanischen Justizministeriums, Dr. Saad Al-Lawzi empfingen die Leiterin der Delegation, Frau Dr. Schlunck, Staatssekretärin im Bundesministerium der Justiz, Frau Anne Zimmermann, Referatsleiterin INT-KOR im Bundesministerium der Justiz, Frau Dr. Frauke Bachler, Hauptgeschäftsführerin der IRZ und Herrn Sidi Khairy, Projektbereichsleiter des Bereichs Naher Osten.

Betont wurde die konstruktive und langjährige rechtliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Ministerien, die beide Institutionen auch in Zukunft fortsetzen wollen.

Staatssekretärin Dr. Schlunck wies auf die gemeinsame Zielsetzung einer Optimierung der Rechtspraxis und Stärkung der Rechtsstaatlichkeit hin und betonte nochmals die Bedeutung der im September 2022 unterzeichneten Absichtserklärung für eine Stärkung der gemeinsamen Arbeit und Vertiefung des Erfahrungsaustauschs im Justizwesen. In diesem Zusammenhang sind Maßnahmen, Workshops und Fachbesuche geplant, die von der IRZ und den jordanischen Partnerinstitutionen gemeinsam umgesetzt werden.

Die Delegation besuchte außerdem den jordanischen Justizrat. Dort wurde sie vom Präsidenten des Justizrats Muhammad Al-Ghazoo und dem Generalsekretär des Justizrats Richter Ali Al-Musimi empfangen. Während des Treffens betonte Präsident Al-Ghazoo die Wichtigkeit des Erfahrungsaustauschs und der Schulungen für die jordanische Seite. Außerdem würdigte er die Bedeutung der Unterzeichnung der Absichtserklärung zwischen dem jordanischen Justizministerium und dem Bundesministerium der Justiz.

Im Rahmen beider Treffen stand auch das Projekt zur Steigerung der Effektivität und Transparenz im jordanischen Strafverfahren im Mittelpunkt, das die IRZ derzeit durchführt. Die Umsetzung erfolgt im Einklang mit der jordanischen Strategie für den Justizsektor für die Jahre 2022 bis 2026. Die Themen „Digitalisierung der Justiz“ und „Einsatz neuer Technologien bei der Entwicklung des Justizsystems“ spielen dabei eine zentrale Rolle.

Die Delegation führte außerdem Gespräche mit Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft und der deutschen politischen Stiftungen in Jordanien. Kern des Austauschs waren die Herausforderungen der jeweiligen Arbeit. Zudem fand ein Treffen mit weiteren Akteuren der Rechtsstaatsförderung statt, in dem die Möglichkeiten der Synergiebildung ausgelotet und die effektive Koordinierung der Arbeit erörtert werden konnten.

Das persönliche Treffen mit der deutschen Delegation festigte die seit 2006 bestehende Zusammenarbeit mit Jordanien im Bereich der Rechtsstaatsförderung und wurde daher – auch in den jordanischen Medien – sehr positiv aufgenommen.

Effizienz und Transparenz des Justizsystems mit dem Schwerpunkt Strafverfahren

Jordanien

Eine Arbeitsgruppe bestehend aus dem deutschen Expertenteam der IRZ und jordanischen Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten traf sich erstmalig im November 2022 in Amman, um über die Anforderungen und Bausteine einer Steigerung der Effizienz und Transparenz des jordanischen Justizsystems in Strafsachen zu diskutieren. Am 13. und 14. Dezember 2022 setzte die IRZ den Austausch mit dem jordanischen Justizministerium im Rahmen einer Veranstaltung im Hybrid-Format fort.

Im Auftrag der IRZ nahmen als Experten teil:

  • Fernando Sanchez-Hermosilla, Vorsitzender Richter am Landgericht Karlsruhe
  • Stefan Trunk, Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Duisburg
  • Jürgen Marten, Kriminaldirektor – Dezernatsleiter im Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen

Die Teilnehmenden und das Expertenteam setzten sich schwerpunktmäßig mit den Möglichkeiten zur Verfahrensbeschleunigung und Verfahrensverkürzung auseinander, sie erläuterten die maßgeblichen Normen der deutschen bzw. jordanischen Strafprozessordnung und andere Gesetze. So diskutierten sie beispielsweise die § 100 und § 130 der jordanischen Strafprozessordnung, wonach die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen kann. Zugleich behandelten die IRZ-Experten die §§ 153 ff. (Verfahrenseinstellung) und die § 257c (Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten) der deutschen Strafprozessordnung.

Zu den besprochenen Themen zählten im Einzelnen:

  • Einstellungsmöglichkeiten eines Verfahrens: bei geringer Schuld, nach Erfüllung einer Auflage
  • Abtrennung einzelner Teile des Ermittlungsverfahrens, insb. wenn der Teil für das Ergebnis des Strafverfahrens nicht ins Gewicht fällt
  • Verständigungsverfahren über den Ausgang des Strafverfahrens
  • Dauer der Untersuchungshaft und ihre Verkürzung: Rechtsmittel und besondere Haftprüfung
  • Aussetzung der Untersuchungshaft und Alternativen zur Untersuchungshaft

Es entstand ein sehr interessanter und lebhafter Erfahrungsaustausch, indem sich Experten und Teilnehmende über die Ähnlichkeiten bei der Vorgehensweise in beiden Ländern austauschten, andererseits aber auch die Unterschiede verdeutlichten. So sieht beispielsweise der jordanische Gesetzgeber vor, dass ein Richter oder eine Richterin einen Tatverdächtigen länger in Untersuchungshaft nehmen kann, um diese Person zu schützen, sofern es eine begründete Sorge vor Rache gibt. Ein solcher Vorgang kennt das deutsche Recht nicht. Zudem gilt die Möglichkeit der Verfahrenseinstellung in Jordanien nur für geringfügige Straftaten, wobei diese in Deutschland sowohl bei Vergehen als auch bei Verbrechen – je nach Einzelfall – möglich und selbst im Fall eines Verbrechens nicht von vornherein ausgeschlossen ist.

Neugierig waren die jordanischen Teilnehmenden außerdem auf die Entschädigung für unrechtmäßig verbüßte Untersuchungshaft und ihrer Berechnungsweise im Falle einer Unschuld, da die jordanischen Regelungen eine solche nicht vorsehen.

Beide Seiten schenkten dem Projekt große Aufmerksamkeit, das Treffen fand in einer freundschaftlichen sowie offenen Atmosphäre unter reger Beteiligung statt. Der jordanische Partner hat das Ziel der „Steigerung der Effizienz und Transparenz des jordanischen Justizsystems in Strafsachen“ vor Augen und erkennt die große Rolle, welche die Staatsanwaltschaft bei der Verwirklichung dieses Ziels trägt.

Das Arbeitstreffen erhielt die Projektförderung des Auswärtigen Amts zum Thema: Unterstützung strafrechtlicher Reformen in Jordanien 2020 – 2023.

Die IRZ dankt der Arbeitsgruppe für die erfolgreiche Zusammenarbeit.

Tatsachenfeststellung bei Gericht und Vernehmungstechniken im Strafverfahren

Teilnehmende des ToT-Workshops in Amman zum Thema Tatsachenfeststellung bei Gericht und Techniken der Vernehmung von Zeugen und Beschuldigten in Strafverfahren
Teilnehmende des ToT-Workshops in Amman zum Thema Tatsachenfeststellung bei Gericht und Techniken der Vernehmung von Zeugen und Beschuldigten in Strafverfahren
Jordanien

Am 20. und 21. Dezember 2022 veranstaltete die IRZ in Kooperation mit dem jordanischen Justizministerium, dem Justizrat und der jordanischen Justizakademie ein zweitägiges Seminar zur Tatsachenfeststellung vor Gericht und Techniken der Vernehmung von Zeugen und Beschuldigten in Strafverfahren. Die Teilnehmenden aus Jordanien waren Richterinnen und Richter verschiedener Gerichte sowie Angehörige der Gerichtsinspektion.

In ihren Vorträgen gingen die deutschen und jordanischen Sprecher u.a. auf folgende Themen ein:

  • Entwicklung von Ermittlungs- und Verhörkompetenzen
  • Beweiswürdigung im Strafverfahren
  • Irrtum als unbewusste Fehlerquelle
  • Lüge als bewusste Fehlerquelle

Eröffnet wurde das Seminar durch Herrn Sidi M. O. Khairy, IRZ-Projektbereichsleiter für den Nahen Osten. Er begrüßte die Teilnehmenden im Namen der IRZ und begleitete die Diskussion mit Fragen und Anregungen. Auf jordanischer Seite wurde die Veranstaltung durch Vorträge von Herrn Richter Ayman Al-Ghazzawi und Richter Ashraf Al-Abdullah begleitet. Die beiden Referenten sind Gerichtsinspektoren und referierten über die Entwicklung von Ermittlungs- und Verhörkompetenzen in Jordanien. Als Experte für die IRZ referierte Herr Dr. Arnd Weishaupt, Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf.

Das ToT-Seminar legte den Fokus auf die Durchführung der Zeugen- und Beschuldigtenvernehmung sowie die Würdigung ihrer Angaben. Dabei wurde unter anderem der Irrtum als unbewusste Fehlerquelle diskutiert. Ein Irrtum kommt bei Zeugenvernehmungen deutlich häufiger vor als man annehmen sollte. Fehler bei der Wahrnehmung von Ereignissen durch Zeugen und bei der Reproduktion seiner oder ihrer Erinnerungen spielen dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Auch das bewusste Lügen, die Grundsätze der Vernehmungslehre, Vernehmungspsychologie sowie Fragetechniken wurden im Seminar behandelt.

Die teilnehmende Richterschaft war am Inhalt des Seminars sehr interessiert und beteiligte sich während der Diskussion mit vielen Fragen und praxisorientierten Anregungen. Es wurde deutlich, dass es viele Ähnlichkeiten in der Durchführung der Vernehmungen zwischen jordanischen und deutschen Richterinnen und Richtern gibt. Vor allem hinsichtlich der Vernehmungslehre und Fragetechniken lassen sich viele Gemeinsamkeiten feststellen.

Die IRZ führte das ToT-Seminar im Rahmen einer Projektförderung des Auswärtigen Amts zum Thema „Unterstützung strafrechtlicher Reformen in Jordanien 2020 – 2023“ durch.