Studienbesuch der Strafvollzugsbehörde Jordaniens zum Thema "Berufliche Aus- und Weiterbildung von Haftinsassen" beim Berliner Justizvollzug

Besuch der Delegation der jordanischen Strafvollzugsbehörde in der Justizvollzugsanstalt Heidering
Besuch der Delegation der jordanischen Strafvollzugsbehörde in der Justizvollzugsanstalt Heidering

Vom 27. bis 30. November 2017 war auf Einladung der IRZ eine Delegation der Strafvollzugsbehörde Jordaniens zum Thema "Berufliche Aus- und Weiterbildung von Haftinsassen" beim Berliner Justizvollzug zu Gast. Der Besuch fand im Rahmen der institutionellen Zuwendung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) statt und konnte dank der freundlichen Unterstützung der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz Berlin durchgeführt werden.

Neben fachlichen Informationen zur Aus- und Weiterbildung von Haftinsassen im Vollzug sollte der Studienbesuch gleichzeitig auch einen Querschnitt durch das gesamte Vollzugssystem des Berliner Strafvollzugs vermitteln. Dementsprechend waren auch unterschiedliche Arten von Haftanstalten für die einzelnen Besuchstermine vor Ort gewählt worden. So besuchte die jordanische Delegation unter der Leitung des Direktors der jordanischen Strafvollzugsbehörde die JVA Moabit (zentrale Untersuchungshaftanstalt für den Männervollzug in Berlin), die JVA Heidering (Anstalt des geschlossenen Männervollzugs) sowie die Teilanstalt des Offenen Vollzugs Berlin, Bereich Robert-von-Ostertag-Straße.

Abgerundet wurde das Besuchsprogramm durch ein Fachgespräch bei der Abteilung Justizvollzug der Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung. Hier erhielt die Delegation vertiefte Informationen zum System des Berliner Strafvollzugs, zu Bildungs-, Qualifizierungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für Haftinsassen, zu Fragen der Rückfälligkeit von Häftlingen oder der Anwendung alternativer Strafsanktionen.

In den einzelnen Anstalten erhielten die jordanischen Gäste einen umfassenden Überblick über den Lehr-, Werk- und Arbeitsbetrieb. Ergänzend wurden Informationen zu spezifischen Abläufen in den einzelnen Arten von Vollzugsanstalten vermittelt, wie z.B. Besonderheiten der Untersuchungshaft am Beispiel der JVA Moabit. In der JVA Heidering erhielt die Delegation einen Einblick in eine nach modernsten Standards konzipierte Vollzugseinrichtung, in das umfassende Betreuungs- und Beratungsangebot für Insassen sowie in die Zusammenarbeit der JVA mit verschiedenen externen Akteuren (Unternehmen und freien Trägern). Besonderer Informationsbedarf bestand seitens der Gäste zudem zum System des Offenen Vollzuges. Diese Vollzugsform existiert in Jordanien nicht und wird dort vor allem aus Sicherheitserwägungen nach wie vor kritisch beurteilt.

Bei allen Fachgesprächen äußerte die Delegation besonderes Interesse an Maßnahmen im Umgang mit islamistischen Extremisten im Berliner Vollzug. Hier steht der jordanische Strafvollzug angesichts der relativ hohen Zahl der in Jordanien inhaftierten Extremisten vor einer großen Herausforderung. Im Rahmen der weiteren Zusammenarbeit mit den jordanischen Strafvollzugsorganen wird ein fachlicher Austausch auch zu diesem Themengebiet sicherlich von Interesse sein.

Regionalkonferenz in Amman zur Stellung des Verfassungsgerichts innerhalb der Justiz

Teilnehmerin und Teilnehmer der Konferenz. Mit dabei: Richter des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Michael Eichberger (1. Reihe, 3.v.l.), Richterin des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Gabriele Britz (1. Reihe, Mitte)
Teilnehmerin und Teilnehmer der Konferenz. Mit dabei: Richter des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Michael Eichberger (1. Reihe, 3.v.l.), Richterin des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Gabriele Britz (1. Reihe, Mitte)

Am 30. und 31. Oktober 2017 veranstaltete die IRZ in Zusammenarbeit mit dem Verfassungsgericht Jordaniens bereits zum dritten Mal eine gemeinsame multilaterale Konferenz in Amman zu aktuellen Themen der verfassungsgerichtlichen Praxis. Die Veranstaltung fand im Rahmen der institutionellen Förderung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz statt. Wie in den vorangehenden Jahren bezog die IRZ wiederum Expertinnen und Experten auch aus weiteren Partnerstaaten der MENA-Region ein. Neben jordanischen und tunesischen Verfassungsrechtlern waren in diesem Jahr auch erstmalig Richter des erst in diesem Jahr eingerichteten Verfassungsgerichts Marokkos dabei.

Die Zusammenarbeit der IRZ mit den Verfassungsgerichten der Region wird auch durch das Bundesverfassungsgericht wohlwollend unterstützt. Daher konnten auch in diesem Jahr die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Michael Eichberger und Prof. Dr. Gabriele Britz in Amman teilnehmen und die deutsche Expertise in die Veranstaltung einbringen.

Die Vorträge und anschließenden Diskussionen der Konferenz hatten folgende Themen zum Gegenstand:

  • die Auslegung der Verfassung durch das Verfassungsgericht,
  • Rechtskraft, Umsetzung und Bindewirkung verfassungsgerichtlicher Urteile,
  • die Normenkontrolle sowie
  • die Rolle des Verfassungsgerichts bei der Umsetzung internationaler Abkommen im nationalen Recht.

Diskutiert wurden zudem Verfahrensfragen der Vorlage an das Verfassungsgericht wie auch grundsätzliche Fragen der Individualverfassungsbeschwerde.

Der multilaterale Meinungs- und Erfahrungsaustausch war für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer überaus informativ und aufschlussreich. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich die Verfassungsgerichtsbarkeit in den einzelnen Partnerstaaten der IRZ in unterschiedlichen Stadien ihrer Tätigkeit befindet: Das Verfassungsgericht Jordaniens wurde im Jahre 2012 eingerichtet, in Marokko erfolgte die Einrichtung in diesem Jahr, während Tunesien die Einrichtung eines Verfassungsgerichts auf der Grundlage des bereits bestehenden Verfassungsgerichtsgesetzes vom Dezember 2015 noch vollziehen muss.

Bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den Partnerstaaten herrschte jedoch Einigkeit darüber, dass aus der Tätigkeit und Erfahrung des Bundesverfassungsgerichts äußerst wertvolle Impulse für den weiteren Auf- und Ausbau der Verfassungsgerichtsbarkeit in Jordanien, Marokko und Tunesien gewonnen werden können.

Die IRZ wird daher die Reihe der multilateralen Konferenzen im Bereich Verfassungsgerichtsbarkeit in Jordanien und ihren weiteren Partnerstaaten der MENA-Region in jedem Fall fortsetzen.

Erstes Train-the-Trainer-Seminar für Richter und Staatsanwälte in Amman

Die langjährige Zusammenarbeit der IRZ mit der jordanischen Justizakademie (Judicial Institute of Jordan/JIJ) wurde in diesem Jahr mit einem Train-the-Trainer-Seminar für Richter und eine Richterin sowie Staatsanwälte fortgesetzt, das am 22. und 23. Mai 2017 im Rahmen der institutionellen Förderung durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) in Amman stattfand. Dabei wurde erstmals im Rahmen einer IRZ-Veranstaltung in Jordanien der Schwerpunkt ausschließlich auf die Vermittlung methodisch-didaktischer Inhalte gelegt.

Die Teilnehmerin und die Teilnehmer des zweitägigen Seminars verfügen über mehrjährige Erfahrung als Trainer und Seminarleiter auf Lehrveranstaltungen der jordanischen Justizakademie. Ziel des Seminars war es, anhand praktischer Beispiele gemeinsam Strategien zu entwickeln, um Seminare so zu gestalten, dass sie das Interesse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wecken und zu einem nachhaltigen Lernerfolg führen.

Die Seminarleitung hatte der für die IRZ teilnehmende Referent Dr. Arnd Weishaupt. Er ist Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf und anerkannter Trainer mit langjähriger und weltweiter Lehrerfahrung. Dr. Arnd Weißhaupt war bereits in zahlreichen Partnerländern der IRZ als Fachreferent für den Bereich Train-the-Trainer tätig.

Die jordanischen Teilnehmer wurden anhand praktischer Fallbeispiele aus dem Bereich der Justiz u.a. über

  • die Grundlagen der effektiven Vorbereitung und Gestaltung von Seminaren,
  • die Besonderheiten der Vermittlung von Lerninhalten an Erwachsene,
  • verschiedene Lehrmethoden und
  • den Einsatz von Medien informiert.

Alle Beteiligten diskutierten äußerst lebhaft und ließen sich ohne Einschränkungen auch auf die experimentellen Bestandteile des Seminars ein. Dies ist angesichts des hohen Standesbewusstseins der Richterschaft in Jordanien keinesfalls selbstverständlich und bestätigt in besonderem Maße die didaktischen Fähigkeiten des Referenten Dr. Weishaupt, auch bei dieser ersten Veranstaltung in Jordanien die Erreichung des Lernziels bei allen Beteiligten sicherzustellen.

Überaus positiv waren daher auch deren Rückmeldungen und die der jordanischen Justizakademie. Deren Generaldirektor Dr. Thaer Al Adwan, der auch selbst am zweiten Veranstaltungstag durchgängig teilnahm, unterstrich mehrfach, dass in Bezug auf die methodisch-didaktische Aus- und Weiterbildung von Seminarleiterinnen und Seminarleitern ein großer Bedarf bestehe. Daher sei eine Ausweitung der Zusammenarbeit mit der IRZ auch in diesem Bereich sehr willkommen.